Debatte über das Minarett breitet sich aus:
Österreichs Politiker bei Gebetsturm uneins
FPÖ & BZÖ für Verbot. Grüne finden es "beschämend" Experte Mayer: "Ein Verbot wäre verfassungswidrig" Schweizer Votum spaltet europäischen Kontinent
Nach dem überraschenden Nein der Schweizer zu Minaretten wird auch in Österreich über Bauverbote für die umstrittenen islamischen Gebetstürme diskutiert. Innenministerin Maria Fekter sagte in Brüssel, dass man sich das Schweizer Abstimmungsergebnis "ansehen" werde. FPÖ und BZÖ machten sich in ihren Reaktionen auf das Schweizer Ergebnis für ein Minarettverbot stark, während die Grünen das eidgenössische Votum als "kleinliches und beschämendes Signal" verurteilten. Und auch auf europäischer Ebene scheiden sich beim Schweizer Votum die Geister.
Fekter sagte am Rande eines EU-Ministertreffens, bei dem scharfe Kritik an der Schweiz geübt wurde, dass in Österreich "grundsätzlich Religionsfreiheit" herrsche. Auf der anderen Seite "obliegt die Entscheidung, inwieweit Minarette ins Landschaftsbild passen, der Raumplanung" und damit den Bundesländern. Die Religionsfreiheit sei "verfassungsrechtlich anerkannt", betonte die ÖVP-Politikerin.
"Zeichen gegen radikalen Islamismus"
FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache hatte dem Schweizer Votum bereits am Sonntagnachmittag "Vorbildwirkung" bescheinigt. Die Schweizer hätten "ein klares Zeichen gegen den radikalen Islamismus" gesetzt, so Strache. Das BZÖ forderte ein bundeseinheitliches faktisches Minarett-Verbot durch entsprechende Änderungen in den Raumordnungsgesetzen, wie im Vorjahr in Kärnten und Vorarlberg beschlossen. Der Kärntner Landeshauptmann Gerhard Dörfler sagte, dass dies "die einzige richtige Entscheidung" gewesen sei.
Dagegen fühlt sich der außenpolitische Sprecher der Grünen, Alexander Van der Bellen, durch das Schweizer Votum um zwei Jahrhunderte zurückversetzt. Das Minarettverbot erinnere nämlich an das Toleranzedikt von Kaiser Josef II. (1780-90). "Da wurde es zwar geduldet, dass Protestanten ihre Religion ausüben - aber bitte keine Kirchen mit Türmen bauen", kritisierte der Ex-Parteichef.
Verbot in Österreich wäre verfassungswidrig
Zu den rechtlichen Aspekten eines möglichen Minarett-Verbots sagte der Verfassungsexperte Heinz Mayer im Ö1-Mittagsjournal, dass nur eine Vorgangsweise über die entsprechenden Raumordnungsgesetze möglich wäre. Ein explizites Minarett-Verbot wäre dagegen verfassungswidrig. "Wenn die Maßnahme gezielt gegen ein religiöses Symbol gerichtet ist, ist das ein Eingriff in die Religionsfreiheit", betonte er.
EU-Ratsvorsitz übt scharfe Kritik
Auf europäischer Ebene nahm sich EU-Ratsvorsitzender Carl Bildt kein Blatt vor den Mund. "Das ist ein Ausdruck von ziemlich vielen Vorurteilen und vielleicht sogar Angst", so Bildt im schwedischen Rundfunk. "Ich finde es ein bisschen seltsam, so etwas per Referendum zu entscheiden. Wie hoch ein Gebäude sein soll und ob es errichtet werden darf, ist eine Frage für Stadtplaner", sagte auch der schwedische Integrationsminister Tobias Billström.
Deutliche Kritik kam vom Europarat. Das Votum gebe Anlass zu "tiefer Besorgnis" und könnte das "Gefühl des Ausgeschlossenseins" bei Muslimen verstärken, warnte der Präsident der Parlamentarischen Versammlung des Europarats, Lluis Maria de Puig. Zum Europarat, dessen Mitglied die Schweiz ist, gehört auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR). Bern droht nun in Straßburg eine Klage wegen Verletzung der Religionsfreiheit.
Europas Rechtspopulisten jubeln
Im Gegensatz dazu jubelten Rechtspopulisten in Dänemark, den Niederlanden und Frankreich und kündigten eigene Anti-Minarett-Volksbegehren an. "Zum ersten Mal haben sich Menschen in Europa der Islamisierung widersetzt", jubelte der Chef der rechtspopulistischen niederländischen "Partei für die Freiheit", Geert Wilders. "Ein Hurra auf die Schweiz!" sagte die Chefin der dänischen Volkspartei (DF), Pia Kjaersgaard.
Die Vizepräsidentin des französischen Front National, Marine Le Pen, bezeichnete es in einem Radiointerview als "skandalös", dass die Politik "dem Willen des Volkes den Rücken kehrt". Sie verwies auf den laufenden Bau eines muslimischen Gotteshauses in Straßburg. In Italien forderte die rechtspopulistische Lega Nord als "starkes Signal" gegen die "pro-islamische Ideologie" gar, das Kreuz auf der italienischen Fahne einzuführen.
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