Die österreichische Mentalität
Egal wie man es dreht und wendet, welche und wie viele Gäste man befragt – man kommt immer zum gleichen Ergebnis: Was ein Land erst richtig einzigartig macht, sind die Menschen, die dort leben. Denn was wäre ein Ferienziel ohne Gastgeber?
Was wäre eine Wanderung in den Tiroler Alpen, ohne das „Griass enk“ der Einheimischen zu hören? Und was wäre eine spektakuläre Aufführung in der Staatsoper, wenn man dieses Glücksgefühl nicht mit anderen Menschen teilen könnte?
Hoch lebe der österreichische Kompromiss!
Wenn man von und über die Österreicher spricht, dann ist von einer besonderen Mentalität die Rede. Damit sind zunächst weniger die sichtbaren Ausprägungen wie Skifahren oder Walzertanzen gemeint. Sondern eine Geisteshaltung, die historisch gewachsen ist. An der Donaumonarchie kommt man wieder nicht herum. Das imperiale Österreich war ein grosser Vielvölkerstaat. Unter der Habsburgerkrone waren unter anderen Deutsche, Tschechen, Ungarn, Slowaken und Bosnier vereint. Heute ist Österreich der wohl kleinste Vielvölkerstaat der Welt. Die Gene aus jener Zeit sind bestens erhalten geblieben. Die Menschen entwickeln in dieser multikulturellen Vielfalt eine besondere Fähigkeit. Nämlich jene, Kompromisse zu schliessen, um anschliessend mit ihnen, den Kompromissen, ganz hervorragend zu leben. Anderswo gab es Revolutionen. In Österreich hiess der Kompromiss „aufgeklärter Absolutismus“, also von beiden Seiten ein bisschen etwas. Anderswo spezialisierte man sich auf Kriegsführung. Österreich bestach durch den Kompromiss einer eindrucksvollen Heiratspolitik.
Der genetische Code des Österreichers
Dieser „genetische Code des Österreichers“ ist im Alltag heute noch recht deutlich sichtbar – an den unverkennbaren Eigenschaften der Österreicher:
Die Lockerheit, mit der an schwierige Aufgaben herangegangen wird, und zwar mit einem „Schauen wir einmal“. Oder: „Das wird sich schon irgendwie lösen.“
Die zuvorkommende Lebensart der Menschen, ohne aber devot zu sein. Man sagt „Küss die Hand“, tut aber natürlich nur so. Ein Zitat eines Kaffeehaus-Obers bringt es auf den Punkt: „Der Gast ist bei uns König“, sagt er, „aber der Chef bin ich.“
Die Ironie der Österreicher, die auch und vor allem ihnen selbst gilt. Legendär dazu ist das Zitat eines österreichischen Fussball-Nationaltrainers: „Wir haben heute unsere Stärken trainiert. Deshalb waren wir schon nach 15 Minuten fertig.“
Das Gefühl des Lebenlassens, zu dem auch der kleine Schwindel gehört. Aber auch nur, um anderen eine Freude zu bereiten. „Gnädige Frau, sie schauen heute wieder entzückend aus.“ Die Frau mag gar nicht gnädig sein und entzückend ausschauen, aber für die sie geht die Sonne auf.
Die lustvolle Unterhaltung, denn auch im heiteren Erzählen und Anreden liegt der Charme des Österreichers. „Der Österreicher hat durch Jahrhunderte gelernt, mit Fremden umzugehen und ihnen ein weites Herz zu öffnen“, sagt der Kulturwissenschaftler Roland Girtler. Die Schweizer Autorin Gabrielle Alioth schreibt über ihren ersten Besuch: „Österreich war eine Fremde, in der man sich zu Hause fühlen konnte.“
Die Gelassenheit, wenn wirklich einmal etwas schiefläuft: „Es hätt‘ ja schlimmer kommen können.“ Ja, die Härten des Lebens werden hierzulande gerne relativiert, die angenehmen Seiten hingegen ausgekostet. Daraus ergibt ein Lebensstil, der für die Besucher so interessant ist. Der Kabarettist Hugo Wiener hat einmal so schön gesagt: „Das Leben ist eine Tragödie – zusammengestellt aus vielen Komödien.“ Man beschäftigt sich hier lieber mit den Komödien.
Unsere Mentalität, eine Melange
Die österreichische Mentalität – sie ist am ehesten eine Melange aus charmanter Höflichkeit,
Schmeichelei und Heimtücke, aus alter Disziplin und dem lockeren Gefühl des Lebenlassens. Die verschiedenen kulturellen Einflüsse und Stile, die vor 100 Jahren im Vielvölkerstaat vereint waren, sind noch deutlich spürbar: die deutsche Ordnung und Gründlichkeit, die slawische Seele, die ungarische, böhmische und italienische Lebensart.
Ja, was wäre nur Österreich ohne die Österreicher? Ein ganz normales Ferienziel.
https://newsroom-ch.austria.info/2014/01/die-osterreichische-mentalitat/
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Sehr typisch für Österreich.
1. Wir sind die Pünktlichkeit in Person! Österreicher sind nicht nur pünktlich, sondern meistens sogar überpünktlich. Also ruhig ein paar Minuten früher eintrudeln (kommen). 5 Minuten zu früh heißt in Österreich pünktlich auf die Minute :).
2. Österreich-Deutsch ist eine eigene Sprache! Österreichisch hört sich für viele sicherlich – sagen wir’s mal so – ungewöhnlich an. Nichtsdestotrotz sind wir stolz auf Ausdrücke wie “Gfrast” und “a Brezn reißen”. Außerdem sagen wir Österreicher nicht “Kartoffel” und “Tomate” – bei uns heißt es “Erdäpfel” und “Paradeiser”.
3. „Tea-time“ auf Österreichisch! Ein Österreicher lässt keine Gelegenheit für “Kaffee und Kuchen” aus. Nicht umsonst ist Österreich für seine Köstlichkeiten wie Apfelstrudel, Wiener Kaffee und Topfenpalatschinken (Pfannkuchen mit Quark) berühmt.
4. Taxis fahren Mercedes! Vor allem für Amerikaner kaum zu glauben, aber es ist tatsächlich wahr. Warum das so ist konnten wir leider (noch) nicht heraus finden.
5. Wiener sind ein Volk für sich! Unter uns Österreichern haben Wiener keinen besonders guten Ruf. Sie gelten als “angfressen” (schlecht gelaunt) und nicht hilfsbereit. Ah geh- SO schlimm ist es dann auch wieder nicht. In Wien findet man sehr wohl freundliche, hilfsbereite und gut gelaunte Menschen (man muss zeitweise nur ein wenig genauer hin sehen ) … denn, ein echter Wiener geht nicht unter!
https://www.fromaustria.com/blog/so-typisch-oesterreichisch/
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http://buzz.oe24.at/spass/Die-10-besten-Zitate-ueber-Oesterreich/192978394
Die 10 besten Zitate über Österreich
Von lustig bis tragisch: Das sagen bekannte Personen über Österreich.
Bei der Fußball-WM habe ich mir Österreich gegen Kamerun angeschaut. Auf der einen Seite Exoten, fremde Kultur, wilde Riten - und auf der anderen Seite Kamerun. - Dieter Nuhr
Die Fußball-EM in Österreich ist wie Skispringen in Namibia. - Alfred Dorfer
Die Mentalität der Österreicher ist wie ein Punschkrapfen: Außen rot, innen braun und immer ein bisschen betrunken. - Thomas Bernhard
Die österreichische Mentalität ist: Wir brauchen Reformen, aber nix darf sich ändern. - Viktor Klima
Nach der Ausrufung der Republik wurde der Adel in Österreich abgeschafft. An seine Stelle ist der Besitz eines Abonnements bei den Konzerten der Wiener Philharmoniker getreten. - Hans Weigel
So lange der Oesterreicher Bier und Würstel hat, revoltirt er nicht. - Ludwig van Beethoven
Was Deutschland und Österreich trennt, ist die gemeinsame Sprache. - Karl Kraus
Es ist interessant, dass die meisten österreichischen Dichter früher Beamte waren - ja, Müßiggang ist aller Laster Anfang! - Daniel Spitzer
Der deutsche Gast kommt nach Österreich, weil er ins Ausland will, aber es soll ihm nicht zu ausländisch vorkommen. - Peter Turrini
Man muß die Sache mit unseren Hauptstädten nicht allzu tragisch nehmen. Es gibt noch eine deutsche Hauptstadt. Sie heißt Wien. – Erich Kuby
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http://www.dasbiber.at/content/der-%C3%B6sterreichische-mann-und-seine-vorteile
DER ÖSTERREICHISCHE MANN UND SEINE VORTEILE
Gestern hatte ich wieder ein interessantes Gespräch mit zwei Freundinnen. Die eine ist mit einem Österreicher zusammen und die andere ist Single. Jedoch auch die Singlefrau stand fest zu ihrer Einstellung: „Mir kommt kein Balkanmann ins Haus!“
Die Diskussion setzte sich fort und wir sprachen über Klischees. Ja, weißt eh, Ivana. Es sind natürlich nicht alle so. Aber allgemein gibt es Klischees, die Balkanmänner und die aus dem Süden von den Österreichern, „den Westlern“ unterscheiden.
Ich fragte, was denn nun den Unterschied ausmacht. Wo sind die Pros, wo die Contras?
Eine von ihnen sagte spontan: „Unsere Balkanmänner sind ewige Muttersöhnchen. Sie hocken bei Mami,bis sie heiraten und einen Haushaltsersatz für die Mami finden. Bei Österreichern hast du den Vorteil, dass in ihrer Mentalität normal ist, mit 18 oder eben 18+ von zuhause auszuziehen und ein eigenes Leben zu führen. Die sind nicht so familienfixiert. Da hast zumindest deine Ruhe und kannst dir mit ihm was eigenes aufbauen. Du bist kein dazu gekommenes Familienmitglied, sondern gründest deine eigene Familie.“
Ok. Hab verstanden. Also nicht so familienbezogen.
Wo ist aber das Contra?
Vielleicht, dass man seine Kinder nicht zu den Großeltern abschieben kann, wenn man mal Zeit für sich haben will? Ja könnte stimmen. Balkangroßeltern sagen nie NEIN zu Babysitting.
(betone wieder, dass es Unterschiede gibt)
Stichwort Eltern. Auch diese Meinung haben Balkanesen über die Familienzugehörigkeit von Österreichern. Fies gesagt sagen viele: „Ah was ist das für ein/e Sohn/ Tochter. Wenn die verwittwete Mutter oder Vater, die/der eh schon allein wohnt und selten Besuch von den Kindern bekommt, nicht mehr für sich selbst sorgen kann, wird sie/er ins Altersheim gesteckt.“
Am Balkan gibt es auch Altersheime. Aber bei uns gibt keiner zu, die Eltern in Stich zu lassen, wenn es der Fall ist. Sie fühlen sich ewig ihren Eltern verpflichtet, weil sie das ganze Leben lang von den Eltern indirekt vermittelt bekommen haben, dass sie ihre Altersvorsorge seien.
Und da komme ich auf eine Geschichte meines Ex-Schwiegervaters zurück, der mal mit uns (mir und Ex) am Tisch saß und uns eine bestimmte Botschaft vermitteln wollte: „
Er erzählte von einem Mann, der zusammen mit seiner Frau, seinem Sohn und seinem alten Vater wohnte. Immer wenn er Brot einkaufte, brachte er 3 Brotleibe nachhause mit. Der Sohn fragte ihn mal, warum er immer so viel Brot kauft, obwohl es nicht aufgegessen wird. Und jetzt kommt die Meldung, die eigentlich die Botschaft für mich und meinen Ex sein sollte.
Das 1. Brot ist für meinen Vater, der mir auch Brot zum Essen gab, als ich noch klein war. Das 2. Brot ist für meine Frau, mit der ich eine Familie gegründet hab und die ich ernähren muss. Das 3. Brot ist für dich mein Sohn, weil ich dir das gebe, was mein Vater mir gab. Und wenn du groß bist, wirst du mir auch das Brot kaufen.“
Klingt da etwas die Verpflichtung heraus? Für mich damals schon.
Was gibt es noch über Österrreichs Männer zu wissen, was sie von den Südländern unterscheidet?
Manche zahlen ihre Rechnungen getrennt. Konto getrennt und auch nach dem Motto: „Saubere Rechnung, lange Liebe!“
Und was das körperliche angeht? Da fand ich eine interessante Studie im Net:
Österreichs Männer sind dicker.
Laut einer Studie im Europavergleich sind in Österreich 50 % der Männer übergewichtig. Nur die Griechen können durch ihre Körperfülle mit den Österreichern mithalten.
Die schlanksten Männer wohnen im Baltikum (Estland, Lettland, Litauen).
Mr. Molly ist jedoch Geschmackssache. Manche Frauen stehen auf Teddybärbäuche.
Und schon meine nächste Frage! Stimmt dieses in den 90ern Beworbene Ding „50/50 is suuuper“, also Gleichberechtigung auch? Oder ist es nur Scheinheiligkeit des Westens?
Österreichs Männer putzen zwar weniger als österreichische Frauen, aber sie putzen.
In vielen Ländern haben die Männer jedoch die Einstellung, dass Haushalt Frauensache ist.
Ich schwöreeee, ich kenne Männer, die nicht mal wissen, wie man eine Waschmaschine bedient. Besser gesagt, sie wollen es nicht wissen.
Noch etwas zum Abschluss.
Meine Freundin unterhielt sich mit einem Österreicher, der ihr erzählte, dass sich sein Bruder gerade scheiden ließ und der Frau Unterhalt zahlen müsse.
Sie sagte ironisch: „Eh gut für die Frau!“
Und er sagte zurück: „Warum soll sie das wollen? Frauen wollen doch auf den eigenen Beinen stehen und sich nicht aushalten lassen!“
JA MEIN FREUND. DAS WOLLEN SIE. ABER NICHT ALLE; WENNS UMS GELD GEHT.
Nach dem Motto Alte Sicherheit, neues Recht auf Vorteile der Gleichberechtigung.
Leute. Erzählt mir, welche Erfahrungen ihr mit multikulti Beziehungen hattet?
Gibt es tatsächlich Unterschiede bei den Männern bzgl. ihrer Einstellung zu Beziehungen und Frauen?
Auch wenn es Klischees sind. Man sollte sie mit Humor nehmen. Schließlich sind nicht alle Klischees schlecht, wenn es beispielsweise bei den Franzosen um die besseren Liebhaber geht. DA sagt der Franzose auch nicht NEIN und regt sich darüber auf. :))
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http://diepresse.com/home/panorama/oesterreich/1469125/Die-typisch-oesterreichische-Loesung
Die typisch österreichische Lösung
Die typisch österreichische Lösung – man könnte sie positiv Kompromissbereitschaft nennen, aber auch negativ als Entscheidungsschwäche bezeichnen. Geht man ihrem Ursprung nach, hilft ein Blick in die Geschichte.
25.10.2013 | 18:06 | von Karin Schuh (Die Presse)
Fast könnte man meinen, die Österreicher liebten die typisch österreichische Lösung. Immerhin bedient dieser Wunsch, es allen recht machen zu wollen und dann doch das Gegenteil zu erreichen, ein weiteres Klischee: das des typisch österreichischen Jammerns.
Geht man dieser Entscheidungsschwäche nach, kommt man nicht an der Geschichte vorbei: Natürlich spielen hier die Monarchie und mit ihr der Katholizismus, die unsere Vorfahren gelehrt haben, ihre eigene Wünsche hintanzustellen, mit. Es lohnt sich aber, noch weiter zurückzublicken. Der Philosoph Arno Böhler unterscheidet zwei Herangehensweisen: Die erste ist von einem aristotelischen Bild der Entscheidungen geprägt, das das Interesse, etwas gut zu machen – für möglichst viele – in den Vordergrund stellt. Bei der zweiten, modernen Variante steht eine Begehrlichkeit, also das, was man im konkreten Fall will, an erster Stelle.
Denken im Affekt. Den Österreichern liegt – wenig überraschend – Ersteres. „Die Österreicher haben eine Schwierigkeit damit, ihre Triebmotive vorurteilsfrei einzugestehen, man weicht aus vor den eigenen Begehrlichkeiten“, sagt Böhler. Er führt das darauf zurück, dass wir – Stichwort Monarchie und Katholizismus – lange eine Kultur hatten, in der die Meinungsfreiheit wenig entwickelt war. Nordeuropäer haben hingegen weniger ein Problem mit der Artikulierung ihrer Interessen. Hinzu komme, dass der Österreicher „eine Art Denken im Affekt“ hat, also nie ganz rational sein kann, sondern immer aus einem Gefühl, einem Affekt heraus handle. Um das zu kaschieren, haben wir den morbiden Schmäh entwickelt.
Wir haben also Begehrlichkeiten, wollen diese auch ausdrücken, sind uns dabei aber nicht ganz sicher und setzen daher lieber auf die Variante der Verdrängung und Verschiebung. „Ein bisserl hier, ein bisserl dort“, nennt es Böhler. Er bringt gar Freud ins Spiel, konkret bei dem Beispiel Mariahilfer Straße (siehe rechts): „Das ist ein Freud'scher Fall von Verdrängung, indem die realen Verhältnisse von einem ideologischen Überbau verdrängt werden.“ Salopp gesagt: Die Ideologie muss dafür herhalten, weil wir nicht sagen können, was wir wollen. Böhler will das übrigens nicht entscheidungsschwach nennen, sondern lieber „nicht entscheidungsklar“. Er glaubt, dass sich das ändern wird, da auch Österreicher immer mehr zu Europäern werden.
Sein Kollege Peter Kampits gibt ihm recht, merkt aber an: „Die österreichische Mentalität ist einerseits durch den barocken Katholizismus und andererseits durch den Josephinismus geprägt.“ Hinzu komme, dass unsere Vorfahren durch den Vielvölkerstaat gelernt hätten, sich lieber nicht gleich festzulegen. „Da hat man den Kompromiss schon, bevor der Konflikt ausgebrochen ist.“ Und das, glaubt Kampits, wird wohl noch länger so bleiben – denn Europa hin oder her, die Angst vor Entscheidungen wird der Österreicher nicht so schnell los.
Österreich ist das Paradies der Raucher. Solche Sätze fallen einem schnell einmal ein, wenn man im Ausland mit einem totalen Rauchverbot in der Gastronomie konfrontiert wird. Und vergisst dabei: Das Tabakgesetz hat Österreich nicht nur um eine Schrulligkeit reicher gemacht, es ist auch die österreichische Lösung par excellence. Denn statt eines generellen Rauchverbotes (wie in Italien) wurde in Österreich der Kompromiss gesucht. Soll heißen, der größte Raum in einem Lokal muss seit Einführung des Gesetzes Nichtrauchern zur Verfügung stehen, der Raucherbereich ist wiederum vom Nichtraucherbereich räumlich getrennt. Besteht ein Lokal aus nur einem Raum unter 50 Quadratmetern, so kann der Wirt entscheiden, ob er das Lokal als Raucher- oder Nichtraucherlokal weiterführen will. Ist ein Lokal bis zu 80 Quadratmeter groß, muss der Gastronom den Behörden nachweisen, warum eine räumliche Trennung nicht möglich ist, dann kann er sich wieder entscheiden: für Raucher oder Nichtraucher.
Ein bisschen etwas also für alle. Das Rauchverbot ist nicht ganz da, aber auch nicht ganz weg. Was heißt: Die Wirte haben über die hohen Anschaffungskosten (zum Abtrennen der Raucherbereiche) geklagt, über die Verschiebung der Kundschaft (die sind zum Teil ganz in Raucherlokale gewechselt). Die Nichtraucher wiederum haben die Glastür als ihren natürlichen Feind entdeckt, die Trennung der Bereiche stand in vielen Lokalen nämlich prinzipiell offen. Was die Behörden einmal mehr, einmal weniger gestört hat. Dafür umso mehr die militanten Rauchersheriffs, die auch jetzt noch alles anzeigen, was nicht bei drei in einem gesetzeskonformen Zustand ist.
Nun hat die Raucherdebatte heuer auch noch neuen Zündstoff bekommen. Im Sommer entschied der Verwaltungsgerichtshof (VwGH), dass es nicht gesetzeskonform ist, wenn ein Nichtraucher in einer Gaststätte durch den Raucherbereich schreiten muss, etwa auf dem Weg zur Toilette. Der VwGH hat damit eine Novelle des Gesundheitsministeriums ausgehebelt, die genau das für zulässig erklärt hatte. Tausende Wirte ärgern sich nun, weil sie vergebens in getrennte Raucherbereiche investiert haben. Die Wirtschaftskammer will die Novelle nun reparieren lassen, gleichzeitig klagt ein Wirt – mit Unterstützung der Kammer – die Republik auf Schadenersatz für seine (vergeblichen) Investitionen. Und Österreich? Ist um eine verworrene Lösung reicher. Eva Winroither
Autobahnring um Wien
Praktisch jede zivilisierte Großstadt dieser Welt leitet Transitverkehr inzwischen in weiträumigen Autobahnringen um das bewohnte Gebiet herum. Die Idee klingt ja auch gut: Wer nicht in die Stadt hinein-, sondern nur daran vorbeiwill, kann zügig um sie herumfahren, Abfahrten an jeder einwärts führenden Hauptstraße gewährleisten zudem, dass auch Verkehr zwischen Stadtteilen über die Autobahn geführt werden kann.
Auch für Wien ist die Lösung eines Autobahnrings fixfertig geplant: Gemeinsam mit der schon bestehenden Donauuferautobahn A22 und der Außenringautobahn A21 sollte die Außenring-Schnellstraße S1 vor allem die quer durch die Stadt führende Südost-Tangente entlasten. 2001 wurde dann auch mit dem Bau des ersten Abschnitts zwischen Vösendorf und Schwechat begonnen, 2006 wurde er fertiggestellt. Von 2007 bis 2009 kam die Nordumfahrung dazu, beide Abschnitte funktionieren prächtig.
Damit der Autobahnring aber die Tangente voll entlasten kann, müsste er freilich geschlossen werden – zwischen Schwechat (dem Ende der Südumfahrung) und Süßenbrunn (wo die Nordumfahrung beginnt) klafft ein 19-Kilometer-Loch in der S1, das nach den Plänen der Asfinag ab kommendem Jahr geschlossen werden soll.
Ob dieser vollständige Lückenschluss – der zur vollen Sinnhaftigkeit der Straße notwendig ist, denn ohne ihn läuft der Verkehr weiter über die Tangente – aber tatsächlich jemals kommt, steht in den Sternen. Denn Naturschützer protestieren massiv gegen die Trasse, die – in Form eines Tunnels – den Nationalpark Donauauen in der Lobau queren würde. Ob das politisch durchsetzbar ist (sicherheitshalber ist der Baubeginn für den Lobauabschnitt erst für 2018 angesetzt – in Wien wird 2015 neu gewählt), ist ungewiss. Und so muss Wien bis auf Weiteres mit einem lückenhaften Ring um die Stadt auskommen. Georg Renner
Minarettbau
Ein Kompromiss, mit dem niemand wirklich glücklich ist, mit dem man aber irgendwie leben kann, ist das 15 Meter hohe Minarett in Telfs im Tiroler Oberland. In der Bevölkerung gab es heftige Proteste gegen den Bau des Gebetsturms, der ursprünglich 20 Meter hoch sein sollte. Der damalige Bürgermeister Stephan Opperer (ÖVP) stimmte der Errichtung dennoch zu. Die Situation drohte daraufhin zu eskalieren, unmittelbare Anrainer kündigten ihren Einspruch gegen das Bauvorhaben an – bis die Türkisch Islamische Union für kulturelle und soziale Zusammenarbeit (Atib) sich bereit erklärte, dass der Bau nur 15 Meter hoch sein und nie ein Muezzin vom Turm aus zum Gebet rufen werde. Dies wurde sogar im Grundbuch dezidiert ausgeschlossen. Das Minarett mit Halbmond fällt in der 15.000-Seelen-Gemeinde jedenfalls kaum auf, wird sogar von einem 17 Meter hohen Nachbargebäude verdeckt.
Symptomatisch ist auch, wie der Bau einer Moschee in Bad Vöslau (Bezirk Baden) in Niederösterreich 2009 für Aufregung sorgte. Insgesamt neun Mediationssitzungen über einen Zeitraum von sechs Monaten waren nötig, um eine Lösung zu erzielen, die für alle Beteiligten einigermaßen verträglich war. Ursprünglich hatte die Atib einen Bau mit orientalisch anmutendem Äußeren eingereicht. Auf Widerstand und Unmut in der Bevölkerung stießen vor allem die Höhe der beiden Minarette (25 Meter) sowie der Bau einer Kuppel. Als Ergebnis der Mediation „schrumpften“ die Türme auf 13,5 Meter und sind nur mehr angedeutet – von außen sind sie nicht zu erkennen. Deutlich kleiner als geplant ist auch die Kuppel im Innenhof der Moschee geworden. Und, auch das war den Anrainern wichtig: Das gesamte Gebäude ist niedriger als die Häuser in der Umgebung.
In Kärnten und Vorarlberg ist der Bau von Minaretten übrigens gesetzlich quasi untersagt. Allerdings sagt man das so nicht direkt – sondern argumentiert sehr österreichisch mit der Bauordnung – und der Pflege des Ortsbildes. Köksal Baltaci
Residenzplatz
Bunte Bachsteine, Granitplatten, Pflaster: Ideen für die Gestaltung des Salzburger Residenzplatzes hat es schon viele gegeben. Realisiert wurde bisher keine. Nicht nur, weil Veränderungen des prominenten denkmalgeschützten Platzes zwischen Dom, Glockenspiel und Residenz viel Geld kosten. Einheimische und Gäste haben sich an den staubigen Schotterbelag längst gewöhnt. Es regiert die typisch österreichische Angst vor einer klaren Entscheidung: Die Nichtgestaltung ist öffentlich akzeptiert und damit zum mehr oder weniger lieb gewonnenen Dauerprovisorium geworden.
Bei einem Architektenwettbewerb vor sechs Jahren setzte sich ein Vorschlag durch, den Platz mit gespaltenen bunten Bachsteinen auszulegen – angelehnt an das historische Vorbild aus dem 17. Jahrhundert. Wie so oft in der Geschichte der Salzburger Platzgestaltungen entbrannte ein heftiger Streit zwischen Kritikern und Befürwortern der Pläne – bis das Vorhaben wieder einmal verschoben wurde. Schließlich hat die Stadt derzeit dafür auch kein Geld.
Wie der Bachsteinbelag aussehen könnte, sieht man übrigens rund um den Residenzbrunnen. Das Bundesdenkmalamt hat bei der Renovierung des Brunnens – exakt auf der der Burghauptmannschaft gehörenden Fläche – bunte Bachsteine verlegen lassen. Ein Appetithappen für alle, die sich eine Rekonstruktion der ursprünglichen Gestaltung wünschen. Claudia Lagler
Mariahilfer Straße
Es war einmal eine Vision. Die Mariahilfer Straße sollte verkehrsberuhigt werden, die Autos sollten weichen und die Fußgänger das Kommando übernehmen. Wiens größte Einkaufsstraße als Fußgängerzone, das war das Ziel. Doch dann setzte das für Österreich so typische Prozedere ein – eine einfache und radikale Lösung kann es nicht sein. Schließlich gilt es, die Interessen und Vorlieben so ziemlich aller Beteiligten in den Gestaltungsprozess einfließen und alle mitreden zu lassen. Und so wurde, statt die Straße einfach über die gesamte Länge zur Fußgängerzone zu machen und Zufahrtsmöglichkeiten für Anrainer und Lieferverkehr zu gewährleisten, ein Puzzle aus unterschiedlichsten Einzelinteressen zusammengebastelt. Mit dem Resultat, dass nun keiner damit zufrieden ist.
Die Straße ist geteilt in eine Fußgängerzone und zwei Begegnungszonen – allein, mit dem neuen Instrument der Begegnungszonen kennt sich kaum jemand aus, nicht einmal die Polizei kann immer mit Sicherheit sagen, wer hier nun wo was tun darf. Und so ist die Fahrbahn weiter den Autos vorbehalten. Durch große Teile der Fußgängerzone fährt ein Bus – nicht allerdings am Samstag, weil die Busfahrer dann aus Sicherheitsgründen die Route verweigern. Es wird auch schon nach einer neuen Route für den 13A gesucht. Radfahren ist erlaubt – was dazu führt, dass Radler die Fußgängerzone als Transitroute nützen. Und das nicht unbedingt in Schrittgeschwindigkeit, wie es erlaubt wäre. Und um die unterschiedlichen Zonen und Ausnahmeregelungen kundzutun, werden laufend neue Schilder mit endlos langen Zusatztafeln aufgestellt. Chaosprojekt oder doch ein Erfolg? Nun, darüber wird noch gestritten. Nur eines ist klar: Die einstmals charmante Vision ist einer typisch österreichischen Lösung gewichen. Vermutlich, auch das gehört dazu, wird man sich auch daran einfach gewöhnen. Erich Kocina
Linzer Westring
Will man es allen recht machen, macht man es keinem recht. Der Linzer Westring (A26) ist so eine Sache. Bereits in den 1970er-Jahren hat es erste Überlegungen zur Stadtautobahn gegeben. Die neue Autobahn soll den vom Mühlviertel kommenden Verkehr in den Griff bekommen. Denn die bestehende A7-Mühlkreis-Autobahn ist speziell am Morgen chronisch überlastet und hat schon so manche Geschäftsleute einen Termin gekostet.
Zuerst sollte der ganze Westring, eine halbringförmige westliche Umfahrung der Stadt, gebaut werden – das haben Anrainer freilich zu verhindern versucht. Aus Angst, Linz könnte von einer Verkehrswelle überrollt werden, also wegen Feinstaubs, Luftqualität, Lärms und weniger Natur. Dann wurde das Projekt auf einmal zu teuer, woraufhin Stadt, Land und Bund eine Version „light“ beschlossen. Nur mehr der südliche Teil des Westrings werde gebaut. Was die Gegner jetzt nicht glücklicher gemacht hat (Autobahn durch Linz bleibt Autobahn durch Linz) und die Autofahrer nicht zuversichtlicher: Denn jetzt gibt es keine Anbindung an die A7, derentwegen der Westring eigentlich hätte gebaut werden sollen. Dafür sollten sich die Kosten von 527 Millionen Euro auf 357 Millionen Euro verringern. Einsparungen, die der Rechnungshof für nicht glaubhaft hält. Dadurch, dass die Autobahn in drei Etappen bis 2029 entstehen soll, werde sich eine „erhebliche Verteuerung“ ergeben: von rund 451,4 auf 645,8 Millionen Euro, so der Rechnungshof in seinem Bericht. Derzeit läuft die Umweltverträglichkeitsprüfung, Baubeginn ist 2015. Angeblich. Eva Winroither
Beauftragte
Wenn man nicht mehr weiterweiß, gründet man einen Arbeitskreis. Das macht Österreich aus – und führt in weiterer Folge oft zur Bestellung eines Sonderbeauftragten. Der hat kaum Geld, Macht oder etwas mitzureden – aber zumindest kümmert sich jemand um das Problem, wird öffentlichkeitswirksam signalisiert. Auch eignet sich eine derartige Funktion gut als Versorgungsposten.
Seit dem Regierungseintritt der Grünen in Wien hat die Bestellung von Beauftragten fast eine inflationäre Dimension erreicht. Alexander Van der Bellen wurde als Sonderbeauftragter für die Wiener Universitäten berufen. Dort hatte er zwar nichts mitzureden (Stichwort: Autonomie), aber er hatte zumindest einen Wiener Job. Den hat auch Martin Blum vom grün-nahen VCÖ. Die Grünen wollten den Radverkehr fördern – Blum wurde Radverkehrsbeauftragter. Wobei Fußgänger natürlich nicht benachteiligt werden dürfen. Deshalb wurde die grüne Aktivistin Petra Jens zur Fußgänger-Beauftragten ernannt.
Eine grüne Offensive – die SPÖ musste also reagieren. Und schickte mit Horst Tschaikner einen Schulschwänz-Beauftragten ins Rennen. Die ÖVP kann hier nicht mithalten. Ex-Wirtschaftskammer-Präsident Walter Nettig, Beauftragter für die Außenwirtschaft der Stadt Wien, ist vor Kurzem in Pension gegangen. Martin Stuhlpfarrer
("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.10.2013)
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http://www.vice.com/alps/read/wien-ist-der-groesste-scheiss
Gründe, warum Wien die beschissenste Stadt der Welt ist
Von Markus Lust
Editor-in-Chief VICE Austria
Ich weiß, ich weiß: Wien hat die höchste Lebensqualität der Welt und Japaner opfern für einen Urlaub bei uns gerne die Einkünfte ihres Drittjobs oder ihr schwächstes Kind. Überhaupt ist Wien ein Paradies und wenn es einem hier nicht passt, kann man jederzeit woanders hinziehen. Das ist grundsätzlich natürlich richtig und trifft, mit leichten Unterschieden, auf fast jede Stadt zu. Aber hier liegt auch schon das Hauptproblem: Denn wer mit Vernunft argumentiert, hat die Seele von Wien und die Mentalität seiner Bewohner bereits grundlegend missverstanden. Und das ist nur einer von vielen Gründen, weshalb unsere Heimatstadt das Prädikat „der größte Scheiß" verdient hat:
Die Angst vor Stillstand und Veränderung
Unser großer Franz Grillparzer hat einmal gesagt: „Es muss was geschehen, aber es darf nix passieren." Kaum ein anderer Satz hat die Gemütslage unseres Landes, die sich praktischerweise seit dem 19. Jahrhundert nicht mehr geändert hat, besser beschrieben. Wiener haben gleichzeitig panische Angst vor Veränderung, aber auch einen wahnsinnigen Drang, über den Status quo zu jammern. Deshalb haben wir auf der einen Seite seit 1945 ausschließlich sozialdemokratische Bürgermeister und trotzdem eine starke Rechte, die in einer der sichersten Städte der Welt mit „Wien darf nicht Chicago werden" und „Daham statt Islam" punkten konnte. Dass es bei uns zirka eine Schießerei alle zwei Jahre gibt (bei der zirka eine Kugel in der Ottakringer Straße abgefeuert wird) und sonst nur maximal irgendwo ein Mistkübel umgeworfen wird, ist scheinbar Anlass genug für rechte Wählermobilisierung. Das einzige andere Zitat, das halbwegs an Grillparzer ran kommt, ist Herbert Prohaskas zeitgeschichtlich neueres „San a poa Hurenkinder dabei". Das lässt sich praktischerweise auf alle anwenden, von den Politikern bis zum durschnittlichen Idioten, der es nicht schafft, die Leute in der U-Bahn aussteigen zu lassen, bevor er sich durch die Tür presst.
Der Hipsterhass
Ja, ich gebe es zu, es ist verdammt nervig, wenn man 2 Stunden auf seinen Habern-Burger wartet, weil 1000 andere Menschen auch einen haben wollen. Aber macht das den Burger schlechter? Auf keinen Fall. Trotzdem finden die Menschen dieser Stadt alles sofort scheiße, sobald mehr als ein kleiner ausgewählter Zirkel an Menschen irgendwo auftaucht. Das war damals bei den Angewandten-Partys so, die plötzlich „nicht mehr so cool wie früher waren", das ging weiter, als sich alle über das Fox House aufgeregt haben und das sieht man am allerbesten am Beispiel von Tanz durch den Techno-Sonntag. Wenn das so uncool ist, warum rennt ihr dann trotzdem alle hin? Nehmt euch ein Beispiel an echten Großstädten und arbeitet gefälligst zusammen, damit alle eine gute Zeit (anstatt geteiltem Leid) haben.
Die Radfahrer
Wien ist eine weltoffene Stadt, wie die Mariahilfer Straßen-Volksbefragung wieder gezeigt hat, bei der nur Caffe Latte trinkende Radfahrer zwischen 21 und 35 mitmachen durften. Aber weltoffen sein hat auch etwas Gefährliches. Nicht etwa, weil die rot-grüne Stadtregierung auf Grund von zu viel Laissez faire der organisierten Kriminalität Tür und Tor geöffnet hat, sondern weil hier die rücksichtslosesten Radfahrer der Welt unterwegs sind. Sicher, das behaupten wahrscheinlich auch einige andere Städte von sich. Aber wir können ohne weiteres Nachdenken ad hoc mindestens zehn Fälle nennen, wo Radfahrer zwei Verkehrs- und 18 Anstandsregeln gebrochen haben, während sie mit 30 km/h einem Fußgänger im Vorbeifahren die Zehennägel und Nasenspitzen abrasiert und trotzdem vom Sattel aus noch so Dinge geschrien haben wie „HEAST, GSCHISSENER, WOS IS MIT DIR???". Jedenfalls sind die meisten Wiener Radfahrer Kamikaze-Geschosse und wir hassen sie. Und das sagen wir als Fußgänger, die den Führerschein nur aus Erzählungen kennen! Gerüchten zufolge sollen Autofahrer diejenigen sein, denen Fahrradfahrer noch mehr am Oarsch gehen.
Die Öffnungszeiten
Einer meiner Lieblingsorte ist der BILLA am Franz-Josefs-Bahnhof—und zwar sonntags zwischen 8:00 und 22:00 Uhr. Wenn es in Wien einen Ort gibt, wo man sich sonntags wie in einer Großstadt fühlt, dann ist es dieser. Während sonst ab einer Schlange von 4 Leuten „Zweiteee Kassaaa bitteeeee!" geschrien wird, sind die Menschen hier fast schon buddhistisch entspannt, obwohl man schon beim Betreten über drei Punks, zehn Obdachlose und einen ziemlich geruchsintensiven Teppich aus Taubenkot und Kotze steigen muss. Das liegt daran, dass Wien am Sonntag komplett ausgehungert ist. Überall außerhalb dieses Supermarkts (und dem zweiten am Praterstern) schließen die Geschäfte wochentags immer noch um Punkt 19:30 Uhr die Tore—samstags sogar um 18:00 Uhr—, während sie am Sonntag aus katholischer Demut gleich ganz geschlossen bleiben. Wer es wagt, darauf hinzuweisen, dass es in anderen Großstädten so etwas wie „Spätis" gibt, bekommt als Antwort „Piefke" und einen Hinweis darauf, dass man gefälligst wie alle anderen zwischen 19:20 und 19:30 Uhr um das letzte Stück Brot kämpfen kann, wie das schon unsere Großeltern getan haben.
Die Uni Wien
Sicher, die Universität Wien ist die älteste im deutschsprachigen Raum, das Gebäude am Ring ist ein Prachtbau und nirgendwo sonst in Wien findest du so viele sexy Geschöpfe wie unter den hier Studierenden. Gleichzeitig ist sie aber auch ein Magnet für deutsche „Numerus Clausus-Flüchtlinge" und ein furchtbares, aus allen Nähten platzendes Monstrum, das sich auf der Rangleiter der weltbesten Unis beständig nach unten frisst und dabei Unsummen (sowie Träume und Hoffnungen) verschluckt. Hier die Fakten: Der gigantische Koloss wird mit einem Gesamtbudget von 522 Millionen Euro pro Jahr finanziert, was im Vergleich zur viel kleineren Ludwig-Maximilians-Universität Münchenmit ihren 488,6 Millionen Euro ein ziemlicher Scheiß ist. Die Uni Wien hat nur 33,4 Millionen mehr als die LMU—aber knapp doppelt so viele Studierende. Das erklärt vermutlich auch die Tatsache, dass die Uni Wien im Times-Higher-Education-Ranking letztes Jahr auf Rang 170 landete. Wir alle lieben die Uni Wien für ihren freien Bildungszugang in vielen Fächern, aber die Knappheit der Gelder gerade in den Kultur- und Geisteswissenschaften ist richtig beschissen. Das weiß jeder Student, der schon mal auf dem Gang vor einem Seminarraum außer Hörweite saß, nur um sich auf der Anwesenheitsliste einzutragen. Es gibt bestimmt auch fortschrittliche Institute, intime Lehrveranstaltungen und engagierte Dozenten an der Uni Wien. Leider muss man dafür aber Judaistik oder Vergleichende Literaturwissenschaften studieren, was sich irgendwann später im Leben mit einer ausgeprägten Alkoholabhängigkeit rächen wird.
Dieser Abschnitt ist übrigens kein Plädoyer für Studiengebühren.
Die Stillosigkeit
Vielleicht habt ihr von den schicken Boutiquen in Wien Neubau gehört oder wart selbst schon mal in einem der Flagship Stores im 1. Bezirk einkaufen, in denen die Bediensteten dafür bezahlt werden, sich so zu verhalten, als wären sie Vertreter einer Herrenrasse und ihr nur Würmer, die man seinem Schoßhund aus dem Darm entfernen lässt. Tatsächlich gibt es bei uns eine ziemlich erstaunliche Dichte an Geschäften, die nahelegen würde, dass in Wien alle i-D lesen und sich komplett bei Hendrik Vibskov einkleiden. Solche Leute gibt es natürlich—nur sind das meistens skandinavische Touristen. Ansonsten ist Wien ein Loch aus absoluter Stillosigkeit. Coole Shops helfen dabei gar nichts, weil die Leute ihren Geschmack leider nicht an ihre Geldbörse delegieren können. Der gemeine Wiener zeichnet sich dadurch aus, dass er auch bei den besten Brands zielsicher das stilistisch verbrecherischste Einzelstück findet und mit 10 Jahre alten, dunkelweißen Asics kombiniert („Die sind noch gut, damit bin ich nur drei Jahre gelaufen!"). Außerdem gilt es immer noch als cool, sich wie eine Alternative Rockband der 90er oder—noch schlimmer—eine Gruppe der Hamburger Schule anzuziehen. Das sagt euch eigentlich alles, was ihr über Mode hier wissen müsst.
Die Unfreundlichkeit
Am schlimmsten steht es um die Umgangsformen der Wiener dort, wo sie sich am wohlsten fühlen—in den traditionellen Wiener Caféhäusern, den wichtigsten, nicht von der UNESCO geschützten Kulturheiligtümern der Stadt. Der typische Oberkellner hier trägt Fliege, Smoking und die Nase oben, während er so bedient, als wäre der Job Teil seiner Bewährungsauflagen und als würde er sich auf seinem Block Notizen für einen Thomas Bernhard-artigen Hass-Roman machen. Wenn ihr jemanden auf diese morbide Unfreundlichkeit ansprecht, wird die Antwort ziemlich sicher so aussehen: „Hahaha, blablabla, Mentalität." Diese Ausrede ist genauso fake wie die Mozarts, die euch vorm Stephansdom Tickets für die Spanische Hofreitschule andrehen wollen—und genauso fake wie die Caféhäuser selbst, die längst nur mehr Disney-Nachbauten der Originale sind (siehe Griensteidl und Central). Was euch hier als charmante Erlebnisgastronomie verkauft wird, sind einfach nur beschissene Manieren—mit dem Unterschied, dass sich Wiener mit einem „Besser ehrlich unfreundlich, als gekünstelt nett" rausreden. Das mag sein, aber Unhöflichkeit ist nicht automatisch authentisch. Außerdem sorgt genau diese Einstellung dafür, dass in dieser Stadt niemals irgendwer nett zu jemand anderem sein wird und am Ende immer die misanthropischen Arschlöcher gewinnen.
Für die Wiener werde ich immer der „Gscherte" bleiben
Zum Abschluss habe ich mir einen Kniff aus M. Night Shyamalans Trickkiste geborgt. Ich bin nämlich eigentlich gar kein Wiener. Das heißt: meiner Definition nach schon, da ich bereits vor 13 Jahren aus Linz hierher gezogen bin und ganz offiziell meinen Hauptwohnsitz hier habe, aber nicht in den Augen der alteingesessenen Drawlischeks und Wondraceks und Dolmdaschls dieser Stadt. Natürlich bin ich nicht der einzige, dem es so geht. Fast jeder, den ich kenne, ist zum Studieren in die Stadt gezogen und danach einfach geblieben, weil die Alternative die Rückkehr in genau jene Provinznester war, die man aus der Wiener Distanz zum ersten Mal als ebensolche erkannte. Gleichzeitig konnte man diese neu erworbene Erkenntnis nirgends praktisch einsetzen, ohne sich in Wien als Provinzdepp und in seiner Heimat als abgehobener Hauptstädter zu outen. Seit zwei Jahren habe ich jetzt eine Beziehung mit einer echten Wienerin. Seither habe ich gelernt, dass es das Wort „nachhause" hier nicht gibt („Ich fahr jetzt zuhaus."), dass „einstecken" niemals konjugiert wird („Hast du ein Taschentuch einstecken?") und man sehr viel Wert darauf legt, in jedem Satz das „noch" zu betonen („Den Film hab ich NOCH nicht gesehen."). Im Übrigen ist Wien so etwas wie der erste Schritt raus aus der Provinz und rauf auf die Psycho-Couch, wo man sich langsam die eigene Minderwertigkeitskomplex behaftete österreichische Seele aus dem Leib exerziert. Auf jeden Fall ist das der Ausgangspunkt für diesen Text—und der Grund, warum wir alle immer noch hier sind.