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Holocaust
https://de.wikipedia.org/wiki/Holocaust
Als Holocaust (engl. Aus altgriechisch ὁλόκαυστος holókaustos „vollständig verbrannt“)[1] oderSchoah (auch Schoa, Shoah oder Shoa; hebräisch הַשּׁוֹאָה ha'Schoahfür „die Katastrophe“, „das große Unglück/Unheil“) wird der Völkermordan 5,6 bis 6,3 Millionen Menschen bezeichnet, die in Europa in der Zeit des Nationalsozialismus als jüdisch definiert wurden. Er gründete auf dem vom NS-Regime propagierten Antisemitismus, zielte auf die vollständige Vernichtung der europäischen Juden und wurde von 1941 bis 1945 systematisch, ab 1942 auch mit industriellen Methoden durchgeführt.
Leugnung und Verharmlosung
Antisemiten und Geschichtsrevisionisten begannen unmittelbar nach Kriegsende, den Holocaust entweder zu leugnen oder zu relativieren, manchmal sogar ihn zu verherrlichen. Holocaustleugnung ist eine Grundtendenz im Rechtsextremismus, wird auch von Teilen der Neuen Rechten, des Islamismus und Antizionismusvertreten und hat sich zu einer international vernetzten Strömung entwickelt. Leugnung und Relativierung ordnet die Antisemitismusforschung als sekundären Antisemitismus ein.
Holocaustleugnung
https://de.wikipedia.org/wiki/Holocaustleugnung
Als Holocaustleugnung bezeichnet man das Bestreiten oder weitgehende Verharmlosen des Holocausts. Dabei wird gegen gesichertes historisches Tatsachenwissen behauptet, der geplante, systematische, auf Ausrottung zielendeVölkermord an etwa sechs Millionen europäischen Juden habe nicht stattgefunden oder er sei nur ein Massenmord oder Massensterben ohne historische Besonderheiten gewesen. Dies betrifft auch den Genozid an den Roma (genanntPorajmos), den Holocaustleugner meist nicht ausdrücklich erwähnen.
Holocaustleugner geben ihre Thesen oft als historische Forschung aus, präsentieren aber pseudowissenschaftliche Geschichtsfälschung undGeschichtsklitterung im Dienst von Hass-Propaganda gegen Holocaustopfer und deren Nachfahren.
Die Holocaustforschung lehnt eine Debatte über die Behauptungen der Holocaustleugner ab, um diese nicht als Forschungsbeiträge zu legitimieren.
Antisemitismus (nach 1945)
https://de.wikipedia.org/wiki/Antisemitismus_(nach_1945)
Antisemitismus bezeichnet seit 1945 keine politisch organisierte Massenbewegung und staatlich propagierte und vollstreckte Ideologie mehr, wie sie sich bis 1945 entwickelt hatte. Gleichwohl existieren Judenhass, rassistische und antisemitische Vorurteile auch nach dem Holocaust.
Zwei Antisemitismusforscher schrieben 1985 dazu,
„daß selbst die monströsen Konsequenzen des ‚Antisemitismus an der Macht‘ nicht die Weiterexistenz antisemitischer Stereotypen verhindert [haben]. Ohne die von gewalttätigen Randgruppen ausgehende Gefahr verkleinern zu wollen, scheint die Verbreitung eines Antisemitismus im Zustand der Latenz das Hauptproblem darzustellen.“
– Herbert A. Strauss, Norbert Kampe: Antisemitismus. Von der Judenfeindschaft zum Holocaus
Diese Einschätzung hat sich seit den Anschlägen vom 11. September 2001 verschärft und zu einer neuen Antisemitismusdebatte geführt. Dieser Begriff steht dabei weiterhin für Formen pauschaler Judenfeindlichkeit, deren Vertreter Juden mit lange überlieferten und eingeübten Klischees und Stereotypen als übermäßig einflussreiches Kollektiv betrachten, für alle möglichen negativen Zeiterscheinungen verantwortlich machen und so bedrohen.
Antisemitismusforschung
„Antisemitismus“ war eine Wortschöpfung deutscher Judengegner im 19. Jahrhundert: Sie wandten sich gegen einen angeblichen „Semitismus“, den es weder als geistige noch politische Größe gab. Sie definierten damit das Judentum nicht als Religion, sondern als fremde Rasse mit unveränderbaren Eigenschaften, die die Integration, Assimilation und Emanzipation der jüdischen Minderheit in Europa illusorisch und gefährlich erscheinen ließen. Diese Ablehnung erstreckte sich auch auf alle möglichen Erscheinungsformen der modernen Gesellschaft, die mit „jüdischem Wesen“ in Verbindung gebracht und verschwörungstheoretisch aus Plänen eines angeblichen Weltjudentums erklärt wurden. Mit Rassentheorienwurde dieser Judenhass pseudowissenschaftlich untermauert und gewann dann im Nationalsozialismus seine beispiellose vernichtende Wirkung.
Seit der Shoah hat diese ausgeformte Ideologie ihren gesellschaftlichen und wissenschaftlichen Rückhalt verloren. Judengegner bezeichnen sich kaum noch als Antisemiten und verdecken ihre weiterwirkenden Vorurteile oft durch Abgrenzung vom Rassenantisemitismus. Unabhängig davon nennen Historiker und Politologen politische und ideologische Tendenzen, die sich mit typischen judenfeindlichen Klischees verbinden, weiterhin „Antisemitismus“.
Für die angelsächsische und israelische Antisemitismusforschung ist dies der Oberbegriff für alle komplexen Motive und Traditionen pauschaler Judenfeindlichkeit. Sie überträgt damit den fehlgeprägten Rassenbegriff der Antisemiten auch auf nichtrassistisch begründete Judenfeindlichkeit, betont also eher deren Gemeinsamkeiten als Unterschiede. Daher wird der Begriff heute oft als Synonym für „Judenfeindlichkeit“ verstanden.
Deutsche Antisemitismusforscher dagegen verwenden den Begriff meist für die besondere antiemanzipatorische Strömung, die sich von etwa 1789 an in Mitteleuropa etablierte, im Deutschen Kaiserreich politisch organisierte und sich im 20. Jahrhundert zum Faschismus und zum Nationalsozialismus steigerte.
Sie gilt hier als eigenständiges Phänomen gegenüber Antijudaismus und sonstigem Rassismus, der eher eine Minderwertigkeit der verachteten Gruppe unterstellt. Dagegen unterstellen Antisemiten „den Juden“ meist einen übergroßen Einfluss, Gefährlichkeit und Machtstreben bis hin zur Weltherrschaft. Bis heute lasten sie diesem vermeintlichen Kollektiv negative Begleitumstände von komplexen gesellschaftlichen Vorgängen wie Urbanisierung oder Globalisierung an und verbinden sie mit Ideologien wieAntikapitalismus, Antikommunismus und Islamismus.
Diese Vorurteilsstruktur zeigt sich auch dort, wo keine Juden leben oder man keine kennt. Jean-Paul Sartre befand in seinen Überlegungen zur Judenfrage (1946), dass man nicht durch Erfahrungen zum Antisemiten werde, sondern durch ein psychologisches Bedürfnis nach solch einem Ressentiment. Er stellte die These auf: „Existierte der Jude nicht, der Antisemit würde ihn erfinden.“ Dieses chimärische Judenbild ist durch Hinweise auf Fakten kaum korrigierbar und immunisiert sich gegen Korrektive von außen: ein Merkmal aller klassischen Verschwörungstheorien.
Zur Sündenbock-Funktion trat seit 1945 ein sekundärer Antisemitismus, der unbewältigte sozialpolitische Defizite und unverarbeitete Schuldgefühle wieder auf die Nachkommen der Holocaustopfer projiziert. Dieses Muster soll mit dem aufgrund von Publikationen Henryk M. Broders und Gunnar Heinsohns seit 1997 meist dem Israeli Zvi Rix zugeschriebenen Ausspruch gekennzeichnet werden:
„Die Deutschen werden den Juden Auschwitz nie verzeihen.“
Eine weitere Sonderform ist der israelbezogene Antisemitismus: antisemitische Stereotype und Zuschreibungen wurden und werden auf den Staat Israel und dessen Politik als vermeintlich legitime Kritik gemünzt. Manchmal werden Judentum und der Staat Israel gleichgesetzt. Vor allem in der öffentlichen Debatte um den Gaza-Krieg 2014 spielte israelbezogener Antisemitismus eine Rolle. Israelbezogener Antisemitismus ist in Deutschland auch als Entschuldigungs- und Abwehrhaltung zur Relativierung der nationalsozialistischen Vergangenheit vorzufinden.
EUMC-Arbeitsdefinition
Im Januar 2005 veröffentlichte die Europäische Stelle zur Beobachtung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit (EUMC) eine Arbeitsdefinition als Grundlage für die Beobachtung antisemitischer Tendenzen in den 25 europäischen Mitgliedsstaaten der EU mit dem Ziel einer konsistenteren Koordinierung bei der Feststellung und Strafverfolgung antisemitischer Straftaten. Sie lautet:
„Antisemitismus ist eine bestimmte Wahrnehmung von Jüdinnen und Juden, die man als ‚Judenhass‘ bezeichnen kann.
Rhetorische und physische Manifestationen von Antisemitismus sind gegen jüdische oder nichtjüdische Individuen und/oder gegen ihr Eigentum, gegen Institutionen der jüdischen Gemeinden und gegen religiöse Einrichtungen gerichtet.
Außerdem können solche Manifestationen gegen den Staat Israel – angesehen als jüdische Gemeinschaft – gerichtet sein.
Antisemitismus klagt Juden häufig der Verschwörung zum Schaden der Menschheit an und wird oft benutzt, um Jüdinnen und Juden dafür verantwortlich zu machen, ‚wenn etwas falsch läuft‘. Er drückt sich in Worten, in schriftlicher und visueller Form und in Taten aus und verwendet dazu unheilvolle Stereotypen und negative Charakterzüge.“
Die folgende Beispielliste führt auf:
„Den Aufruf, die Unterstützung oder die Rechtfertigung, Jüdinnen und Juden im Namen einer radikalen Ideologie oder einer extremistischen religiösen Sicht zu töten oder zu schädigen.
• Das Äußern verlogener, entmenschlichender, dämonisierender oder stereotyper Behauptungen über Juden als solche oder über die kollektive Macht von Jüdinnen und Juden, etwa besonders, aber nicht begrenzt auf, den Mythos einer jüdischen Weltverschwörung oder die jüdische Kontrolle der Medien, der Wirtschaft, der Regierung oder anderer gesellschaftlicher Einrichtungen.
• Die Beschuldigung, dass Juden als Kollektiv Verantwortung trügen für das reale oder vermeintliche Vorgehen einzelner oder einer Gruppe von Jüdinnen und Juden oder selbst für solche Handlungen, die von nicht-jüdischen Menschen begangen wurden.
• Die Leugnung der Tatsache, des Umfangs, der Mechanismen (z. B. der Gaskammern) oder der Absicht des Genozids am jüdischen Kollektiv seitens des nationalsozialistischen Deutschlands und seiner Unterstützer und Verbündeten während des Zweiten Weltkrieges (Holocaust).
• Die Beschuldigung der Jüdinnen und Juden als Kollektiv oder des Staates Israel, den Holocaust erfunden oder dramatisiert zu haben.“Die Handreichung definiert auch Haltungen als antisemitisch, die sich oft als Antizionismus oder Antijudaismus ausgeben oder so eingeordnet werden:
„Die Ablehnung des Selbstbestimmungsrechts von Jüdinnen und Juden, z. B. durch die Behauptung, der Staat Israel sei ein rassistisches Projekt.
• Die Anwendung doppelter Standards, indem an Israel Verhaltensansprüche gestellt werden, die von keiner anderen demokratischen Nation erwartet oder gefordert werden.
• Die Anwendung klassisch-antisemitischer Symbole und Bilder (z. B. der Vorwurf, dass Juden Jesus töteten, oder die Behauptung von Blutopfern) für die Charakterisierung Israels oder der Israelis.
• Der Vergleich der aktuellen Politik Israels mit der der Nazis.
• Die Behauptung einer Kollektivverantwortung der Jüdinnen und Juden gegenüber der Politik des Staates Israel.“
Festgestellt wird jedoch auch:
„Allerdings kann Kritik an Israel dann nicht als antisemitisch eingestuft werden, wenn sie in ähnlicher Weise auch gegenüber anderen Ländern geäußert wird.“
Im Rahmen eines Antrages „Den Kampf gegen Antisemitismus verstärken, jüdisches Leben in Deutschland weiter fördern“ beschloss der 16. Deutsche Bundestag am 4. November 2008, die EUMC-Arbeitsdefinition „für die Arbeit staatlicher Behörden zu empfehlen“.
Die Arbeitsdefinition wurde im Dezember 2013 von der Website der Agentur der Europäischen Union für Grundrechtegelöscht. Die Justizabteilung der Europäischen Kommission sagte dazu, dass „weder die Kommission noch die EU eine feste Definition von Antisemitismus haben und dass es keine Bestrebungen gibt, eine zu erschaffen“. Der Verzicht auf die Definition wurde vom American Jewish Congress und der Nichtregierungsorganisation Honest Reporting kritisiert.
Bundesrepublik Deutschland
Nachkriegszeit
Der Zweite Weltkrieg beendete zwar mit dem NS-Regime auch den Antisemitismus als herrschende Staatsideologie. Aber dies war nicht auf einen Wandel der Einstellungen in der Bevölkerung, sondern auf die strengen Maßnahmen der alliierten Siegermächte sowie die „Re-Education“ (Umerziehung) zurückzuführen. Diese konfrontierten die Deutschen in den Kriegsgefangenenlagern mit den Verbrechen, die in ihrem Namen und mit ihrer aktiven und passiven Beteiligung begangen worden waren. So mussten beispielsweise Bürger Weimars das KZ Buchenwald besuchen, die Frankfurter mussten sich Dokumentationsfilme über die KZ Dachau und Buchenwald anschauen, ehe Lebensmittelkarten verteilt wurden. Die Reaktionen waren in fast allen Fällen identisch: „Davon haben wir nichts gewusst.“
In den folgenden Jahren fand so gut wie keine Auseinandersetzung mit dem Antisemitismus statt. Die Deutschen waren mit dem Überleben und Alltagssorgen befasst, die Vergangenheit wurde verdrängt und tabuisiert. Nach statistischen Studien der US-Besatzungszone sahen sich 1945 23 %, 1946 21 %, 1948 noch 19 % der Befragten als Antisemiten. Bis zu 40 % der übrigen Befragten teilten antisemitische Einstellungen, obwohl sie sich nicht als Antisemiten sahen. 1952 stieg der Anteil der „bekennenden“ Antisemiten auf 34 % an.
Die auf der Potsdamer Konferenz im Juli 1945 beschlossene Entnazifizierung der Deutschen wurde mangels ausgebildeter Verwaltungsbeamter und wegen des aufbrechenden Kalten Krieges zwischen den Alliierten nicht konsequent durchgeführt. Das westliche Kriterium für einen Nationalsozialisten, die Mitgliedschaft in der NSDAP oder ihren Unterorganisationen, fragte nicht nach dem Grad der aktiven Schuld; das östliche, der Antifaschismus, blieb ebenfalls unklar. Vielfach stellten Kirchenbeamte ehemaligen Nazis „Persilscheine“ aus. Die alliierten Kontrollorgane trauten den Kirchenvertretern pauschal politische Urteilsfähigkeit zu, obwohl auch sie diese 1933–1945 hatten vermissen lassen und selbst oft Antisemiten waren.
Zu den höchstens 10.000 überlebenden deutschen Juden kamen nach Kriegsende nochmals 90.000 verschleppte jüdischeZwangsarbeiter. 1946 und 1947 waren überlebende Juden, die in ihre Heimatdörfer zurückkehren wollten, in Polen, derUkraine und Russland neuen Pogromen ausgesetzt. Etwa 290.000 Ostjuden flohen daher nach Deutschland und wurden dort in 60 Lagern untergebracht, die zum Teil bis 1954 bestanden. Die westlichen Staaten nahmen nur sehr wenige dieser displaced persons („entwurzelten Personen“) auf; auch die USA lockerten ihre Einreisebestimmungen für sie erst 1948.
Wegen der allgemein angespannten Versorgungslage konnten gerade die „Lagerjuden“ vielfach nur durch den Schwarzmarkt überleben und stießen bei den Deutschen daher auf wachsende Ablehnung. 1946 führten 180 deutsche Polizisten mit Hunden eine Razzia in einem jüdischen DP-Lager in Stuttgart durch, erschossen einen KZ-Überlebenden und verletzten drei weitere; aufgedeckt wurde lediglich der Schwarzhandel mit einigen Hühnereiern. 1952 blockierten Bewohner des DP-Lagers Föhrenwald die Fahrzeuge von 115 Beamten des Zolls und der Finanzbehörden, die geschützt von 33 Polizisten die kleinen Lagergeschäfte überprüfen wollten.
Die verärgerten Staatsdiener reagierten mit Rufen wie „Die Krematorien gibt es noch“ oder „Die Gaskammern warten auf euch“, ein Warnschuss wurde abgegeben. Die Ablehnung der Juden zeigte sich ab 1949 auch an häufigen Schändungen jüdischer Friedhöfe. Diese nahmen 1950 bei den ersten Gerichtsprozessen gegen ehemalige Nazis, z. B. den Filmproduzenten von Jud Süß, Veit Harlan, noch zu.
Im Gerichtssaal kam es zu antisemitischen Ausschreitungen. In Leserbriefen zeigten viele Schreiber ihren unveränderten Judenhass. Der Bürgermeister von Offenbach verweigerte einem jüdischen Arzt die Anstellung in der städtischen Frauenklinik. Die Sozialistische Reichspartei fand raschen Zulauf und konnte 1951 in mehrere Landtage einziehen, bis sie im Folgejahr vom Bundesverfassungsgericht verboten wurde.
Eine ernsthafte Aufarbeitung der Vergangenheit fand in der Politik kaum statt; sie ging von privaten oder kirchlichen Initiativen aus. So begannen sich seit 1948 die Gesellschaften für christlich-jüdische Zusammenarbeit zu bilden. 1952 riefen sie erstmals zu einer Woche der Brüderlichkeit auf, die Bundespräsident Theodor Heuss eröffnete. Jedoch blieben diese Wochen in den Folgejahren von der Allgemeinheit kaum beachtete philosemitische Rituale.
Die Frage der Rückerstattung von ehemals jüdischen Vermögenswerten und von der „Arisierung“ Betroffenen blieb zunächst Sache deutscher Landesregierungen. Als diese sich bis 1947 auf kein gemeinsames Gesetz einigen konnten, erließ zuerst die US-Militärverwaltung eine entsprechende Regelung, der die übrigen Besatzungszonen folgten. In der SBZ tat dies nur Thüringen; in der späteren DDR gab es ein ähnliches Gesetz zur Wiedergutmachung wie im Westen nicht.
Bis zur Gründung der Bundesrepublik 1949 war in vielen Tageszeitungen oft zu lesen, dass die Überwindung des Antisemitismus Grundvoraussetzung der geistigen Erneuerung Deutschlands sei und bleibe. Dies schärfte der US-amerikanische Hochkommissar im Juli 1949 kurz vor der ersten Bundestagswahl nochmals ein:
„Die Welt wird die neue deutsche Regierung beobachten. Ein Maßstab in der Beurteilung ihrer Handlungen wird sein, in welchem Umfang ihre Führer eine Atmosphäre schaffen, in der Juden und alle Minoritäten sich in der Ausübung ihrer Rechte sicher fühlen können. […] Das Leben und das Wohlergehen der Juden in Deutschland wird ein Prüfstein der demokratischen Entwicklung in Deutschland sein.“
Konrad Adenauer erwähnte die Juden in seiner ersten Regierungserklärung jedoch mit keinem Wort. Erst in späteren Interviews machte er deutlich, dass er die Bekämpfung des Antisemitismus, die Bestrafung von NS-Verbrechen,Reparationen an Israel und den Aufbau jüdischer Gemeinden in der Bundesrepublik fördern wolle.
1951 begannen direkte Verhandlungen der Bundesregierung mit Israel, die 1952 zum Luxemburger Abkommen führten. Dazu trug auch die westdeutsche Presse bei: Der Präsident des Hamburger Presseamtes, Erich Lüth, rief 1951 die AktionFriede mit Israel ins Leben, um den Antisemitismus zu bekämpfen und die Trauer über die Massenvernichtung in den NS-Lagern einzuüben.
Die Psychoanalytiker Margarete und Alexander Mitscherlich zeigten 1967 in ihrem Buch Die Unfähigkeit zu trauern, dass die meisten Deutschen ihre Verstrickung in den Nationalsozialismus kaum verarbeitet hatten. Daher konnten emotionale Bindungen an autoritäre und antisemitische Denkmuster unbewältigt und unverstanden fortwirken. Die NS-Verbrechen blieben weitgehend tabuisiert. Die Autoren resümierten:
„Vorerst fehlt das Sensorium dafür, dass man sich zu bemühen hätte – vom Kindergarten bis zur Hochschule –, die Katastrophen der Vergangenheit in unseren Erfahrungsschatz einzubeziehen, und zwar nicht nur als Warnung, sondern als die spezifisch an unsere nationale Gesellschaft ergehende Herausforderung, mit ihren darin offenbar gewordenen brutal-aggressiven Tendenzen fertig zu werden.“
Geschichtsverdrängung und Geschichtsfälschung
Nach 1945 begann der Kampf um die Deutungshoheit über die Verbrechen der Nazis. Zuerst wurden sie verdrängt oder den finsteren Plänen nur weniger führender Nationalsozialisten zugeschrieben. Die Nürnberger Prozesse wurden vielfach als Siegerjustiz wahrgenommen. Auch die Auschwitzprozesse (1963–1965 und 1977–1981) veränderten die übliche Abwehrhaltung kaum. Eine Konfrontation mit der eigenen Vergangenheit trat im Wirtschaftswunderland zunächst zurück.
Etwa ab 1965 begann die Holocaustleugnung mit der „Auschwitzlüge“. Dieser Begriff wurde im Zusammenhang mit Wahlerfolgen der NPD propagiert. Ihr Ziel war der „Nachweis“, dass der Holocaust eine Erfindung „der Juden“ sei, um Deutschland als Tätervolk zu brandmarken und politisch finanzielle Reparationen zu „erpressen“. Dieses Motiv gehört seitdem zum Standardrepertoire des deutschen Rechtsextremismus.
Weiter verbreitet ist heute die Relativierung der nationalsozialistischen Verbrechen. Dabei wird die Besonderheit des Holocaust bestritten, indem seine historischen Ursachen verallgemeinert oder umgedeutet werden. Ernst Nolte löste 1986 einen Historikerstreit aus mit der These, die deutschen Konzentrationslager seien eine Reaktion auf Stalinsmassenvernichtende Gulags und Umsiedlungspolitik gewesen.
Begünstigt wurde dieser Geschichtsrevisionismus durch historische Ansätze, die eher auf die Unterschiede als die Gemeinsamkeiten der verschiedenen Erscheinungsformen von Judenfeindlichkeit pochten. Diese Differenzierung trug zu Verharmlosung bei: Heute tarnen Antisemiten ihre prinzipielle Judenfeindschaft oft als Antijudaismus, Antizionismus oder allgemeine Kapitalismuskritik und setzen sich vom Nationalsozialismus ab. Doch ihre Ideologien enthalten oft Motive, die bekannten antisemitischen Stereotypen sehr ähneln.
Antisemitismusdebatte
Im Zusammenhang der Kollektivschuld-Debatte wurde erstmals die Forderung laut, die Vergangenheit zu den Akten zu legen. Diese Mentalität ist seitdem gewachsen und zeigt sich fast jedes Mal, wenn die Nazizeit öffentlich thematisiert oder berührt wird; z. B.:
· im Streit um die Wehrmachtsausstellung, die 1995 bis 1998 und 2001 bis 2004 die aktive Teilnahme der Wehrmacht und ihre Kooperation mit der SS bei der Judenvernichtung nachwies;
· im Streit um Zwangsarbeiter-Entschädigungen: Hier zeigte sich eine unzureichende Aufarbeitung der eigenen Vergangenheit bei vielen Unternehmen, die Zahlungen zunächst verweigerten;
· im Streit um das Denkmal für die ermordeten Juden Europas in Berlin: Nachdem Opferverbände erfuhren, dass eine Tochterfirma der I.G. Farben am Bau des Mahnmals beteiligt war, zogen sie ihre Unterstützung dafür zurück.
Hinzu kamen weitere Debatten im Zusammenhang verschiedener Affären, oft ausgelöst durch Einzeläußerungen, in denen die fortdauernde Problematik des Umgangs mit der NS-Vergangenheit sichtbar wurde.
Die Probleme einer historisch angemessenen Bewertung der „Mitläufer“ des NS-Regimes zeigte der damalige Bundestagspräsident Philipp Jenninger in seiner Rede zum Jahrestag der Novemberpogrome 1938 im Jahre 1988. Er sprach – rhetorisch ungeschickt und im leidenschaftslosen Tonfall – von Hitlers „Leistungen“ vor 1938, die große Bevölkerungsteile dazu gebracht habe, ihm zu folgen. Das löste öffentliche Empörung aus, wegen der Jenninger zurücktrat. Der Zentralrat der Juden in Deutschland stellte sich allerdings offen hinter Jenninger. Ignatz Bubis demonstrierte die „Unbedenklichkeit“ seiner Rede, indem er später weite Teile daraus ohne Angabe der Quelle selbst hielt.
Der amerikanische Historiker Daniel Goldhagen eröffnete 1996 mit seinem Buch Hitlers willige Vollstrecker eine neue Debatte über den Anteil „gewöhnlicher Deutscher“ am Holocaust. Er vertritt die These, ein in der deutschen Bevölkerung tief verwurzelter besonderer eliminatorischer Antisemitismus sei die zentrale Ursache des Holocaust gewesen. Er wandte sich damit besonders gegen die Strukturalisten, denen zufolge nicht der Antisemitismus, sondern die Strukturen von NS-Staat und NSDAP die Vernichtung der Juden verursacht hätten. Sein Buch wurde gegen Goldhagens erklärte Absicht als Neuauflage der Kollektivschuldthese aufgefasst.
Martin Walser erklärte in seiner Dankesrede zum Erhalt des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels 1998, Auschwitz werde als „Moralkeule“ und zur „Dauerrepräsentation unserer Schande“ benutzt. Das Erinnern werde zum Ritual und zur Pflichtübung. Es müsse jedem überlassen werden, wann und wie er sich erinnern wolle, und Vergessen müsse erlaubt sein. Dafür fand Walser viel Zustimmung, aber auch Kritik. Ignatz Bubis als damaliger Vorsitzender des Zentralrats der Juden in Deutschland setzte sich – aus seiner Sicht erfolglos – öffentlich mit Walser auseinander. Danach sah er sein Lebenswerk – die Versöhnung mit den Deutschen auf der Basis gemeinsamen Erinnerns an den Holocaust – als gescheitert an.
Auch Walsers Roman Tod eines Kritikers (2001), der unübersehbar auf den jüdischen Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki anspielte, fand viel Kritik. Ein Teil der Feuilletonisten (z. B. Frank Schirrmacher) warf ihm vor, er arbeite mit antisemitischen Klischees. Diese Vorwürfe fasste Matthias N. Lorenz in seiner Dissertation zusammen: „Auschwitz drängt uns auf einen Fleck.“ Judendarstellung und Auschwitzdiskurs bei Martin Walser. Er stieß damit in der Öffentlichkeit auf große Resonanz, fand aber bei Rezensenten und Feuilletonisten wenig Zustimmung.
Der US-amerikanische Politologe Norman Finkelstein warf in seinem Buch Die Holocaust-Industrie (2001) den jüdischen Opferverbänden und ihren Anwälten vor, sie hätten seit 1967 gezielt eine „Industrie“ der Holocausterinnerung geschaffen, um vergangenes jüdisches Leiden skrupellos auszubeuten. Sie eigneten sich einen Teil der angeblich überhöhten Reparationen an den Staat Israel an, während Einzelentschädigungen viel zu niedrig seien.
Damit zog er den Vorwurf des Antisemitismus seitens der Kritisierten, aber auch darüber hinaus auf sich. Seine Thesen werden von deutschen Rechtsextremisten begeistert aufgegriffen, für die „die Juden“ als Urheber und Eintreiber von vermeintlich überhöhten Finanzlasten durch vermeintlich ungerechtfertigte Entschädigungsansprüche gelten.
Mit dem Wahlkampfflugblatt Jürgen Möllemanns versuchte 2002 erstmals ein Spitzenpolitiker einer etablierten Partei, durch ressentimentgeladene öffentliche Kritik an Juden und an Israel Stimmen aus dem rechten Spektrum zu gewinnen. Dieser Tabubruch löste eine neue Antisemitismus-Debatte aus.
Das in Coburg erscheinende Szenemagazin Kult bediente bei seiner Kritik am Staat Israel auch antisemitische Stereotype, indem es 2002 öffentlich forderte: „Don’t buy Jewish!“
Der deutsche CDU-Bundestagsabgeordnete Martin Hohmann erklärte 2003 in einer Wahlkampfrede in seinem Wahlkreis Fulda/Hessen, ebenso wie die Deutschen im Blick auf Hitlers Verbrechen könnte man die Juden als Tätervolk bezeichnen, weil Juden maßgeblich an der russischen Oktoberrevolution 1917 und folgenden sowjetischen Verbrechen beteiligt gewesen seien. Damit wollte er diesen Begriff für die Deutschen abwehren. Seine heftig diskutierten Äußerungen führten später zu seinem Ausschluss aus der CDU. Auch der Bundeswehrgeneral Reinhard Günzel, der öffentlich Partei für Hohmann genommen hatte, wurde daraufhin in den vorzeitigen Ruhestand versetzt.
Der Dramatiker Rolf Hochhuth erklärte in einem Interview mit der Zeitschrift Junge Freiheit 2005: Der britische Holocaustleugner David Irving sei „sehr viel seriöser als viele deutsche Historiker“. Dass Irving seit 1993 nicht mehr in die Bundesrepublik einreisen darf, führte Hochhuth auf „Verleumdung“ zurück.
Irving sei ein „fabelhafter Pionier der Zeitgeschichte“, der Vorwurf, er sei ein Holocaustleugner, „einfach idiotisch“. Auf die Aussage Irvings angesprochen, in Auschwitz habe es keine Gaskammern gegeben, dort seien „weniger Menschen umgekommen als 1969 auf dem Rücksitz Edward Kennedys“, sagte Hochhuth: „Da hat er seiner nicht ganz unbritischen Neigung zum schwarzen Humor auf zynische Weise freien Lauf gelassen. Wahrscheinlich ist er wahnsinnig provoziert worden, ehe er das gesagt hat. Als Historiker ist er ein absolut seriöser Mann.“
Bei diesen unterschiedlichen Debatten ging es immer um den heutigen Umgang mit den Verbrechen der NS-Zeit und um die Folgerungen daraus. Die Verantwortung, die die Deutschen als „Volk der Täter“ (Lea Rosh) bis heute und in Zukunft dafür zu tragen haben, wird zunehmend als Belastung, nicht als Chance empfunden. Dabei erschienen neue Vorwürfe gegen Juden: Sie wollten die Schuldgefühle der Deutschen verlängern (Goldhagen-Debatte), um sich am Holocaust zu bereichern (Finkelstein-Debatte) und ihre eigenen „Verbrechen an den Palästinensern“ zu tabuisieren (Möllemann-Debatte). Dabei lässt sich eine Akzentverschiebung beobachten: Wurde früher gefordert, eine Debatte über deutsche Schuld müsse beendet werden, so wurde nun verlangt, eine Debatte über Israels vermeintliche Schuld müsse „wieder möglich“ sein.
Bei diesen Debatten wurde stets die Situation der hier lebenden jüdischen Minderheit übersehen. Deutsche Juden mussten in jedem öffentlichen Streit vermehrte Anfeindung und Bedrohung erleben. Politiker wie Möllemann und Hohmann bedienten dabei gewollt oder ungewollt latente oder offene Wünsche nach einer „Entlastung“ von früherer Schuld und heutiger Verantwortung, um rechtsradikales Wählerpotential zu erreichen. In vielen Reaktionen aus der Bevölkerung zeigte sich ein antisemitischer „Bodensatz“ sowie der „sekundäre“ Antisemitismus, der Juden nicht trotz, sondern wegen des Holocaust und seiner Folgen ablehnt und abwertet.
Die im Juni 2002 veröffentlichte Studie des Frankfurter Sigmund-Freud-Instituts und der Universität Leipzig ermittelte einen deutlichen Anstieg gegenüber 1999 um 5 % auf 36 % der Befragten, die sich klar antisemitisch äußerten. Das latente antisemitische Potential zeigen auch regionale Wahlergebnisse rechtspopulistischer bis rechtsextremer Parteien wie REP,DVU oder NPD, welche bei der Landtagswahl in Sachsen 2004 9,2 % errang. Durch populäre Protestparolen erhielten sie dort Zulauf und zumindest vorübergehende Akzeptanz in der Gesellschaft. Dazu scheint neben sozialen Problemen wie derArbeitslosigkeit, die etablierte Parteien bisher nicht verringern konnten, auch ein mangelndes Bewusstsein gegenüber der Gefahr des Rechtsextremismus beizutragen. Dies zeigte sich in der Folge durch einen Eklat durch den NPD-Fraktionschef im Sächsischen Landtag, der zeitweilig von den Plenarsitzungen ausgeschlossen wurde. In der Forschung unterscheidet man drei Elemente der Judenfeindschaft, die als „neuer“ Antisemitismus bezeichneten werden:
(1) traditioneller rechtsextremer Antisemitismus,
(2) linker Antizionismus und
(3) islamischer Antisemitismus, der Judenfeindschaft predigt.
Rechtsextremer Antisemitismus
1949 wurde „Aufruf zum Rassenhass“ zum Straftatbestand. Das hält Rechtsextremisten jedoch nicht davon ab, ihr Weltbild weiter zu pflegen. Antisemitismus ist dort Grundkonsens und eine Art „Ehrensache“, über die intern nicht eigens diskutiert wird. Mit der 1964 neu gegründeten NPD gaben sich alte und neue Nazis eine Parteiorganisation, die sich die Abschaffung des Grundgesetzes zu Gunsten einer Volksgemeinschaft zum Ziel setzt. Da die NPD parlamentarisch wirken will, distanzierte sie sich im Verbotsverfahren nach außen von der Gewalt z. B. der Skinheads.
Doch zahlreiche rechtsextreme Gruppen knüpfen auch unabhängig von der NPD bewusst an völkische, deutschnationale,nationalsozialistische Ideologie und Symbole aus der Weimarer Republik an. Diese verbinden sich mit autoritären und aggressiven Verhaltensmustern, Ausländerfeindlichkeit und Gewaltbereitschaft zu einem zunehmend gefährlichen Gemisch. Nachdem 1992 eine Reihe dieser Gruppen verboten wurde, unterlaufen sie das staatliche Organisationsverbot heute durch dezentrale Vernetzung als „Freie Kameradschaften“. Sie organisieren sich auch vermehrt als „autonome Nationalisten“ und knüpfen vom Erscheinungsbild und den Aktionsformen her an die Autonomen der 1980er Jahre an.
Die Zahl der Rechtsextremisten in Deutschland wird auf etwa 42.000 organisierte, davon etwa 12.000 gewaltbereite geschätzt. Die Dunkelziffer nicht organisierter Sympathisanten ist damit nicht erfasst.
Linker Antisemitismus und Antizionismus
Politisch linksgerichtete Organisationen bekämpfen traditionell die Diskriminierung und Unterdrückung von Menschen und deren Rechtfertigungen aufgrund völkischer, rassistischer oder sozialdarwinistischer Kriterien. Jedoch gibt es auch hier antisemitische Tendenzen. Das Identifizieren von „raffenden“ Kapitalisten und Juden ist beispielsweise eine Erscheinung, die in linken Organisationen seit Jahrzehnten auftaucht. Diese Tendenzen stoßen bei linken Analytikern auf Kritik, Robert Kurz spricht hier beispielsweise von einer „politischen Ökonomie des Antisemitismus“.
Antisemitische Stereotype zeigen in dieser Sichtweise manche Karikaturen und Plakate, die Vertreter des Finanzkapitals mit Zügen darstellen, die als „typisch jüdisch“ bzw. als Anspielung auf das Klischee vom „Weltjudentum“ interpretiert werden: z. B. einen Bankdirektor als Marionettenspieler oder eine weltumspannende Krake. Während der Debatte um eine Aussage Franz Münteferings, der Manager von US-amerikanischen Hedgefonds mit Heuschrecken verglich, zeigte das Titelblatt des Mitgliedermagazins der IG Metall vom April 2005 eine Mücke mit einer gekrümmten Nase und einem Zylinder in den Farben der US-Flagge mit dem Untertitel „US-Firmen in Deutschland – Die Aussauger“. Dies fand wegen der Ähnlichkeit mit antisemitischer NS-Propaganda starke Kritik. Der Gewerkschaftsvorsitzende Jürgen Peters verteidigte das Bild jedoch als „Freiheit der Kunst“.
Seit dem Sechs-Tage-Krieg 1967 richtete sich auch das Augenmerk vieler westdeutscher Antiimperialisten – ähnlich wie im arabisch-islamischen Raum – auf das Zusammenspiel der Weltmacht USA mit dem von ihr unterstützten Staat Israel. Die Kritik daran führte zur Solidarisierung mit dem „Befreiungskampf des palästinensischen Volkes“ gegen den angeblichen „Stellvertreter des US-Imperialismus in Nahost“. Dabei unterstützten manche antiimperialistischen Gruppen kritiklos auchPalästinenser-Organisationen, die Israels Existenzrecht verneinen. So heißt es etwa bei Linksruck: „Hamas und Hisbollah sind Teil [des] rechtmäßigen palästinensischen Widerstands. Wer Frieden, Freiheit und Gerechtigkeit im Nahen Osten will, muss den Widerstand der Palästinenser unterstützen.“
Diese Solidarität mit Feinden Israels wird als „linker Antisemitismus“ bezeichnet, und es wird auf „Schnittmenge[n] linker Politik und islamischer Religion“ in der Bekämpfung Israels verwiesen. So heißt es bei haGalil: „Hierzu gehört unter anderem eine Organisation namens ‚Linksruck‘, deren Mitglieder schon mal die ‚bedingungslose Solidarität‘ mit der islamistischen Terroristenorganisation ‚Hamas‘ beschwören.“
Besonders ambivalent war dabei die RAF. Während Ulrike Meinhof zwar Palästinas Kolonialisierung kritisierte und Israels Schutz als Aufgabe der Linken sah, blieb ihre Kritik an palästinensischen Verbündeten auch dort aus, wo diese Israels Existenzrecht in Frage stellten. In ihrer Analyse der Geiselnahme von München 1972, als ein palästinensisches Terrorkommando elf israelische Sportler kidnappte und anschließend ermordete, lassen sich Stereotype eines sekundären Antisemitismus nachweisen, der durch Umkehrung von Täter- und Opferrollen den Holocaust relativiert und von nationaler Verantwortung entlastet. Während Meinhof die Terroristen des Schwarzen September als „gleichzeitig antiimperialistisch, antifaschistisch und internationalistisch“ rühmt, wird die Heimat ihrer Opfer durchgängig mit dem Dritten Reich assoziiert:
So schreibt Meinhof von „Israels Nazifaschismus“, bezeichnet Verteidigungsminister Mosche Dajan als „Himmler Israels“ und setzt die nationalsozialistische Ausrottungspolitik mit der Kompromisslosigkeit der Regierung Meir gleich: Sie habe die Sportler „verheizt wie die Nazis die Juden“. Bei der Flugzeugentführung von Entebbe 1976 behandelten die Geiselnehmer – zehn Palästinenser und zwei deutsche Mitglieder der Revolutionären Zellen – israelische Staatsangehörige getrennt von den übrigen Passagieren und bedrohten sie mit dem Tod. Diese an die Praxis in den Vernichtungslagerngemahnende Selektion führte zu Irritationen in der linken Szene, ein Aufschrei in ihr blieb aber aus. Deutsche Linke blieben bis in die Gegenwart teilweise antizionistisch und antiisraelisch eingestellt.
In den 1980er Jahren rief eine längere Kampagne der antiimperialistischen Linken zum Boykott gegen Israel auf. Zudem wird die israelische Besetzung palästinensischer Gebiete oft mit der Besatzungspolitik der Nazis in Polen oder der Sowjetunion verglichen.
Angesichts der monierten gelegentlichen Verwendung antisemitischer Stereotype in der globalisierungskritischen Bewegung diskutierte z. B. Attac in Deutschland und Österreich 2003/2004 das Verhältnis zwischen Globalisierungskritik – besonders an den Finanzmärkten – und Antisemitismus intensiv und mit wissenschaftlicher Begleitung, um auf das Problem antisemitischer Diskurse aufmerksam zu machen. Auch in anderen linken Gruppen führte Kritik etwa seitens derAntideutschen zu einer kritischen Reflexion antisemitischer Aussagen, zu ihrer Einstellung oder zur Isolation der Betroffenen innerhalb der linken Bewegung.
In der Tageszeitung resümiert Philipp Gessler eine Position des Antisemitismus-Experten Klaus Holz, der eine Konvergenz von Rechts- und Linksextremismus in den neuen Formen des Antisemitismus beobachtet: „An dieser Stelle taucht das auf, was neu am heutigen Antisemitismus genannt werden kann, ohne dass man dies ‚Neuer Antisemitismus‘ nennen muss: Es ist, vor allem seit den Anschlägen vom 11. September 2001, eine ideologische Angleichung des Judenhasses über ursprünglich weit entfernte Ideologien und Milieus hinweg, wie der Antisemitismus-Experte Klaus Holz erklärte.
Im Kern ist es ein antisemitischer Antizionismus, auf den sich radikale Islamisten, Neonazis und zum Teil auch Linksextremisten einigen können. Sie alle sehen die Welt und sich selbst als Opfer einer irgendwie gearteten jüdisch-zionistisch-kapitalistischen Verschwörung in Politik, Wirtschaft und Medien, die sich stark mit antiamerikanischen, globalisierungskritischen und antimodernen Ideen mischt. ‚Die Juden‘ werden dabei als die treibenden Kräfte hinter den Kulissen imaginiert, die zusammen mit der US-Regierung und Israel eine Weltherrschaft etablieren möchten, die die Völker zerstört.“
Islamischer Antisemitismus
Der islamischen Antisemitismus kombiniert den religiöse Antijudaismus des Frühislam mit dem europäischen Antisemitismus der Moderne. Sayyid Qutbs Text „Unser Kampf gegen die Juden“ markiert das wichtigste Pamphlet des „islamischen Antisemitismus“ und beschuldigt die Juden, sie wollten die Muslime „von Allahs Weg abbringen“. Das bis heute wohl wichtigste Manifest des Islamismus stellt die 1988 veröffentlichte Charta der Hamas dar. In dieser Charta werden Juden quasi im selben Atemzug als armselige Feiglinge, die sich hinter Steinen und Bäumen verstecken, und als heimliche Herrscher der Welt porträtiert.
Dort wird auch der wohl niederträchtigste aller antijüdischen Hadithe aus der Frühzeit des Islam zitiert: „Der jüngste Tag wird nicht kommen“, heißt es dort,„bevor nicht die Muslime gegen die Juden kämpfen und sie töten, so dass sich die Juden hinter Bäumen und Steinen verstecken. Und jeder Baum und Stein wird sagen: Oh Muslim, oh Diener Gottes, da ist ein Jude hinter mir. Komm und töte ihn.
Laut einer vom Bundesinnenministerium beauftragten Studie aus dem Jahr 2007 tendieren muslimische Schüler überdurchschnittlich stark zu antisemitischen Vorurteilen. Von 500 befragten jungen, in Deutschland aufgewachsenen Muslimen stimmten 15,7 % dem Satz zu, dass Menschen jüdischen Glaubens überheblich und geldgierig seien. Die Zustimmung zu diesem Vorurteil war damit doppelt so hoch wie bei anderen Einwanderer-Jugendlichen und fast dreimal so hoch wie in der originär deutschen Altersgruppe. Eine große Rolle dabei spielen laut Grünen-Chef Cem Özdemir türkische und arabische Medien. Sie trügen eine sehr verzerrte und stereotype Sicht auf Israel und die Juden in die Wohnzimmer nach Deutschland
In einer repräsentativen Studie des Berliner Meinungsforschungsinstituts Info GmbH im August 2012 gaben 18 % der in Deutschland lebenden Türken und Deutschtürken an, Juden als minderwertige Menschen zu betrachten.
Antisemitische Straftaten
Gewaltbereitschaft gegen Obdachlose, „Fremde“, Linke, Homosexuelle, Behinderte, Ausländer, Menschen mit dunkler Hautfarbe und auch gegen Juden findet man vor allem bei rechtsextremen Jugendgruppen und Neonazis. Bis 2003 wurden insgesamt mindestens 93 Menschen in Deutschland durch rechtsextreme Gewalt getötet (Dossier der Frankfurter Rundschau).
Verlässliche Daten zu antisemitischen Straftaten sind schwer zu finden: Das Bundeskriminalamt z. B. führt keine gesonderte Statistik darüber. Taten mit antisemitischem Hintergrund sind oft nicht als solche erkennbar und werden unter gewöhnlicher Gewaltkriminalität verbucht. Das Bundesinnenministerium gibt jedoch in seinen Jahresberichten Auskunft über die erfasste Zahl antisemitischer Straftaten. Zudem werden die Zahlen in Kleinen Anfragen inzwischen regelmäßig erfragt. Eine Zunahme fremdenfeindlicher und antisemitischer Straftaten ist dabei unverkennbar.
Antisemitisch sind vor allem Zerstörungsaktionen gegen jüdische Friedhöfe. Diese haben seit dem Mittelalter gerade in deutschsprachigen Gebieten eine lange Tradition. Sie geschehen auch heute noch vermehrt während der Karwoche und um den 9. November (das Hauptdatum der Novemberpogrome 1938) herum; vermutet werden daher antijudaistische und neonazistische Hintergründe. Anders als bei anderen Grabschändungen sind jüdische Gräber nicht von zertrampelten Beeten, geraubten Blumen oder Leuchten betroffen, sondern vom Umstürzen und Zertrümmern der Grabsteine oder Grabplatten, Herausreißen von Grabbegrenzungen, Eintreten von Friedhofstoren usw. Hinzu kommen Schmähparolen inGraffiti-Form wie: „Juda verrecke“, „Tod den Juden“, „Juden raus“, „Sieg Heil“, „Blut und Ehre“, „Viertes Reich“, „SS“, „SA“, „Judenschwein“, „Judensau“.
Solche Schändungen werden seit 1945 statistisch zu erfassen versucht. Registriert wurden in Deutschland bis 1990 rund 1000 gemeldete Fälle; die vermutete Dunkelziffer liegt weit höher. Von 1990 bis 2000 gab es 409 registrierte Fälle, mehr als doppelt so viel wie von 1970 bis 1990. Das Grabmal von Heinz Galinski, dem früheren Leiter des jüdischen Zentralrats, wurde 1998 zwei Mal gesprengt, so dass sein Nachfolger Ignatz Bubis sich in Israel beerdigen ließ.
Nach einer Studie von Adolf Diamant aus dem Jahr 1982 konnten nur 36,5 % der bis dahin bekannten Fälle aufgeklärt werden; davon ordneten die Behörden 36,2 % eindeutig antisemitischen Tätern, den Rest meist „Jugendlichen“ ohne „politische Motive“ zu. Nachfragen ergaben damals, dass die meisten Landesbehörden nicht darüber Buch führten und die angegebenen Motive auf reinen Annahmen beruhten.
Auch Synagogen und jüdische Personen sind Ziel von Anschlägen.
Verschwörungstheorie
https://de.wikipedia.org/wiki/Verschw%C3%B6rungstheorie
Dieses Bildelement der Ein-Dollar-Note zeigt das Auge der Vorsehung – für viele Verschwörungstheoretiker ein wichtiger Beweis einer globalen Verschwörung des Illuminatenordensoder der Freimaurer.
Als Verschwörungstheorie bezeichnet man im weitesten Sinne jeden Versuch, ein Ereignis, einen Zustand oder eine Entwicklung durch eine Verschwörung zu erklären, also durch das zielgerichtete, konspirative Wirken von Personen zu einem meist illegalen oder illegitimen Zweck. Der Begriff Verschwörungstheorie wird zumeist kritisch oder abwertend verwendet.
Prinzipiell unterschieden werden Verschwörungshypothesen, die im Grundsatz rationale und überprüfbare Aussagen über angenommene Verschwörungen machen, und Verschwörungsideologien, die ihre stereotypen und monokausalen Vorstellungen über Verschwörungen gegen kritische Revision immunisieren, indem zum Beispiel Dementis wie Beweise für die Existenz der angenommenen Verschwörung behandelt werden. Insbesondere die Grundregeln zur Überprüfung der Plausibilität einer Hypothese, wie etwa Ockhams Rasiermesser, werden von Verschwörungstheoretikern dabei vielfach nicht beachtet.
· In verschwörungstheoretische Erklärungen für Einzelereignisse wie das Attentat auf John F. Kennedy 1963 oder den Absturz von Trans-World-Airlines-Flug 800 1996
· In systemische Verschwörungstheorien, in denen der Verschwörergruppe breitere Ziele bis hin zur Weltherrschaftunterstellt würden (zum Beispiel antisemitische, antikatholische oder antimasonische Verschwörungstheorien),
· Im Glauben an „Superverschwörungen“, wenn mehrere Verschwörungstheorien in weltumspannender Weise miteinander verknüpft werden, wie etwa in den komplexen ufologischen Narrativen David Ickes oder Milton William Coopers.
Aussagen über reale Verschwörungen und Unterscheidungsprobleme
Tatsächlich gibt es Verschwörungen und sie sind in der Geschichte oft durchaus wirkungsmächtig. Als Beispiele werden etwa genannt die Attentate auf Julius Caesar 44 v. Chr., Zar Alexander II. 1881 oder Erzherzog Franz Ferdinand 1914, kommunistische Versuche in den 1920er Jahren, eine Weltrevolution herbeizuführen, die Watergate- und die Iran-Contra-Affäre oder die weltweiten Machenschaften der CIA und anderer amerikanischer Geheimdienste Aussagen über diese und andere reale Verschwörungen können nicht ohne weiteres als Verschwörungsideologien bzw. Verschwörungsmythen abgetan werden. Sie werden als Verschwörungshypothesen (Pfahl-Traughber), Zentralsteuerungshypothesen (Reinalter), warranted conspiracy theories (Keeley) oder Verschwörungserklärungen (Coady) bezeichnet und können Anspruch auf ernsthafte Prüfung erwarten.
Die Unterscheidung, ob eine Aussage eine Verschwörungsideologie oder eine Zentralsteuerungshypothese ist, ist aber oft überaus schwierig. Als Kriterien schlagen Armin Pfahl-Traughber und Helmut Reinalter den Abschottungsgrad gegenüber anderen Erklärungen und ihre Funktion im machtpolitischen Diskurs vor: Verschwörungstheorien, die einen politischen Zweck verfolgen, die der Herrschaftssicherung oder der Aufforderung zu Gewalt dienen, seien Ideologien. Immunisiere sich eine Verschwörungstheorie und lasse keine Möglichkeit offen, sie durch empirische Gegenbeweise zu widerlegen, sei sie ebenfalls unter Verschwörungsideologie anzusehen. Die Unterscheidung sei jedoch nur in einem subjektiven Entscheidungsprozess möglich, in dem zwischen Wahrheit und Unwahrheit unterschieden werden müsse.
Historische Beispiele
Antike, Mittelalter und frühe Neuzeit
Im Mittelalter wurde zur Zeit der Kreuzzüge den Juden unterstellt, insgeheim mit den Muslimen oder dem Antichrist im Bunde zu sein; die Pest führte man auf angebliche Brunnenvergiftungen durch Juden zurück oder unterstellte ihnen christliche Kinder zu entführen, um sie rituell zu ermorden. Auch wähnte man geheimes und illegales (nämlich den Lehren der Kirche widersprechendes) Glauben und Handeln bei so genannten Ketzern wie den Katharern, Waldensern oder den Templern. Die Hexenverfolgungen der frühen Neuzeit funktionierten nach demselben Schema: Ein Unglück war geschehen, man identifizierte einen greifbaren Sündenbock, dem man dann den Prozess machte.
Allgemein aber waren Verschwörungstheorien im Mittelalter eher selten, da die meisten unerfreulichen Ereignisse nicht mit den Machenschaften menschlicher Verschwörer, sondern mit dem unerforschlichen Ratschluss Gottes erklärt wurden.
17. Jahrhundert: Antijesuitische Verschwörungstheorien
Das Vollbild einer Verschwörungstheorie als Geschichtsbild lässt sich das erste Mal im England des elisabethanischen Zeitalters nachweisen, als Jesuiten versuchten, auf illegalem Wege nach England zu kommen, um für die Rekatholisierungdes Landes zu wirken. Unter der Folter gestanden diese Jesuiten dann ihre Verwicklung in verschiedene Mordanschläge auf die Königin oder den Sprengstoffanschlag auf das Parlament.
Nicht zuletzt als Folge dieser Verschwörungstheorie wurde der Orden 1773 aufgelöst. Im 18. Jahrhundert hatten sich im Zusammenhang mit dem Jesuiten-Staat von Paraguay und dessen Zerschlagung einige Jesuiten nämlich gegen die Herrschaftsansprüche der spanischen und der portugiesischen Krone gewandt und schienen damit die antijesuitische Verschwörungstheorie zu bestätigen. In den USA lassen sich antijesuitische Verschwörungstheorien bis ins 19. Jahrhundert hinein nachweisen, als etwa der bekannte Erfinder Samuel F. B. Morse wähnte, der österreichische Staatskanzler Metternich würde jesuitische Agenten mit dem Auftrag nach Amerika schleusen, einen Habsburger als Kaiser der Vereinigten Staaten zu installieren
18. Jahrhundert: Französische Revolution
Auf der Grundlage einer Verschwörungsideologie wurde in der Französischen Revolution die Verfolgung politischer Gegner mit Hilfe der Guillotine gerechtfertigt. So begründete Maximilien de Robespierre die Machtergreifung des Wohlfahrtsausschusses mit vielfältigen Verschwörungen des absolutistischen Auslands und seiner Helfershelfer, die bereits die gesamte Gesellschaft unterwandert hätten:
Diese Verschwörungstheorien hatten zwar insofern einen realen Kern, als sich Frankreich im Krieg mit seinen Nachbarländern befand und in der Vendée ein Aufstand gegen die revolutionäre Regierung ausgebrochen war. Auch standen die königliche Familie, der Hochadel und der romtreue Klerus tatsächlich häufig insgeheim mit dem Ausland in Verbindung und waren ausgesprochen katholisch. Der paranoide Anteil wird aber zum Beispiel an der so genannten Verschwörung des Auslands deutlich, als im Frühjahr 1794 die Hébertisten hingerichtet wurden, radikale Jakobiner, die sich angeblich vom Ausland hätten dafür bezahlen lassen, durch absichtlich übersteigerte Maßnahmen die Republik zu Grunde zu richten. Der Historiker Geoffrey T. Cubitt bescheinigt Robespierre deshalb nachgerade eine „conspiratorial obsession“, eine „Besessenheit von Verschwörungen“.
19. Jahrhundert: Revolution versus Reaktion
Die massiven antikatholischen Angriffe durch die Aufklärer und die Verfolgungen in der Revolution führten einige konservative Theoretiker dazu, die Verschwörungstheorie einfach umzudrehen. Der ehemalige Jesuit Abbé Augustin Barruel und der schottische Gelehrte John Robison stellten um 1798 die Gegenthese auf, nicht die Jesuiten hätten eine Verschwörung gestartet, sondern ihre Feinde, die aufklärerischen Philosophen, die Freimaurer und vor allem die Illuminaten. Der Illuminatenorden Adam Weishaupts bot sich besonders an, weil er – im Unterschied zur politisch und religiös grundsätzlich toleranten Freimaurerei – tatsächlich die radikaldemokratische Umgestaltung der Gesellschaft mit den Mitteln eines Geheimbunds zum Ziele gehabt hatte. Zwar war er bereits 1785, also vier Jahre vor der Revolution, zerschlagen worden (andernfalls hätten Barruel und seine deutschen Quellen auch gar nicht aus seinen geheimen Papieren zitieren können), doch schien manches für seine Weiterexistenz zu sprechen: Zum einen war das ehemalige Mitglied Johann Joachim Christoph Bode, ein sächsisch-weimarischer Geheimrat, ausgerechnet wenige Wochen vor Ausbruch der Revolution nach Paris gereist – eine Koinzidenz, an der kein Verschwörungstheoretiker vorbeigehen kann. Auf der anderen Seite existierte in Frankreich selbst eine freimaurerartige Bruderschaft namens Les Illuminés, die zwar eher konservativ-mystisch ausgerichtet war und mit den bayrischen Illuminaten nur den Namen gemein hatte, doch schien das auszureichen.
Seit dem beginnenden 19. Jahrhundert jedenfalls ist das Bild des politischen Verschwörers von links, der international vernetzt ist, überall Werte wie Vaterland, Glaube und Familie unterminiert und versucht, Revolutionen anzuzetteln, fester Bestandteil des konservativen Diskurses. Dies Bild steht auch deutlich hinter den Karlsbader Beschlüssen von 1819, mit denen der österreichische Staatskanzler Metternich überall so genannte Demagogen verfolgen, zensieren und einsperren ließ.
20. Jahrhundert: Antisemitismus und die Folgen
Eine Übertragung dieser Verschwörungstheorie auf die Juden lässt sich mit Sicherheit erst für das letzte Drittel des 19. Jahrhunderts nachweisen, als der französische Rechtskatholik Henri Roger Gougenot des Mousseaux 1869 in dem Werk Le Juif, le judaïsme et la judaïsation des peuples chrétiennes die Freimaurerei zu einer Deckorganisation der Juden erklärte. Diese kombinierte Verschwörungstheorie wurde 1921 von der britischen Autorin Nesta Webster noch erweitert, die sämtliche nicht- oder nicht orthodox christlichen Strömungen seit der Antike von den Gnostikern, über Assassinen,Illuminaten und Freidenkern bis hin zu Lenin und den russischen Revolutionären zu einer einzigen weltumspannenden Verschwörung wahlweise unter jüdischem oder unter satanistischem Vorzeichen zusammenstellte. Diese verschwörungsideologische Großkonstruktion wurde in den zwanziger Jahren von Erich Ludendorff, dem ehemaligen Generalquartiermeister des kaiserlichen Heeres, zum Wahnbild einer „jesuitisch-freimaurerisch-jüdischen Weltverschwörung“ erweitert.
Ihre ganze mörderische Potenz gewannen antisemitische Verschwörungstheorien Anfang des 20. Jahrhunderts, als unbekannte Verfasser unter Verwendung von Schauerliteratur und einer französischen liberalen Polemik gegen Napoléon III., die einfach umgedreht wurde, die Protokolle der Weisen von Zion fabrizierten. Diese Fälschung sollte einer der Schlüsseltexte des Antisemitismus werden. In diese antisemitische Verschwörungstheorie, die im Kern immer noch starke Ähnlichkeit mit ihrem antijesuitischen Urbild hat, wurden nach der Oktoberrevolution mit dem Schlagwort vom jüdischen Bolschewismus noch antikommunistische Elemente eingefügt.
Das so entstandene Gerücht eines als einheitlich imaginierten Weltjudentums, das seine Feinde im „Zangenangriff“ durch amerikanischen Finanzkapitalismus einerseits, sowjetischen Kommunismus andererseits halte, bildete den Kern von HitlersWeltanschauung, der sich in Mein Kampf explizit auf die Protokolle der Weisen von Zion berief. Daher wird der Nationalsozialismus von einigen Historikern als eine große Verschwörungstheorie betrachtet, die davon ausging, dass die vermeintlichen Verschwörer nicht durch Absprache, sondern durch Abstammung Teil der Verschwörung geworden seien.[51]Diese biologistische Ideologie der Nationalsozialisten forderte die physische Vernichtung der Juden und führte in völkermörderischer Konsequenz schließlich zum Holocaust.
Verhängnisvoll aufgeladen wurde die antisemitische Verschwörungsthese noch zusätzlich durch die Dolchstoß legende: Bereits kurz nach dem Ersten Weltkrieg hatte die Oberste Heeresleitung verbreitet, schuld an der deutschen Niederlage sei nicht etwa die materielle, technische und zahlenmäßige Überlegenheit der Alliierten spätestens seit dem Kriegseintritt der USA gewesen, sondern die Wühltätigkeit der deutschen Sozialdemokratie, die dem angeblich „im Felde unbesiegten“ deutschen Heer mit der Novemberrevolution in den Rücken gefallen sei. Auch die Legende von einer „jüdischen Kriegserklärung“an Deutschland, die Chaim Weizmann 1933 ausgesprochen haben soll, diente als Rechtfertigung für die nationalsozialistische Judenverfolgung.
Das verschwörungsideologische Denken der Nationalsozialisten zeigte sich auch während des Krieges. Hitler erklärte zum Beispiel den Ausbruch des Zweiten Weltkriegs stets mit angeblichen Machenschaften des Judentums, dessen „Agent“ Winston Churchill sei: „Der Mann, der es gemixt hat, ist Churchill; hinter ihm das Judentum, das sich seiner bedient“.
Heinrich Himmler begründete in seiner bekannten Posener Rede vom 4. Oktober 1943 die „Ausrottung des jüdischen Volkes“ mit der Befürchtung, die Juden würden sonst als Fünfte Kolonne der Feindmächte fungieren:
„Wir wissen, wie schwer wir uns täten, wenn wir heute noch in jeder Stadt – bei den Bombenangriffen, bei den Lasten und bei den Entbehrungen des Krieges – noch die Juden als Geheimsaboteure, Agitatoren und Hetzer hätten. Wir würden wahrscheinlich jetzt in das Stadium des Jahres 1916/17 gekommen sein, wenn die Juden noch im deutschen Volkskörper säßen.“
Hitler war bis zum Ende seines Lebens von der Notwendigkeit des Kampfes gegen das „Weltjudentum“ überzeugt. Sein Politisches Testament, das er am 29. April 1945, einen Tag vor seinem Suizid, verfasste, schließt mit einem Aufruf „zum unbarmherzigen Widerstand gegen den Weltvergifter aller Völker, das internationale Judentum.“
Auch heute noch werden über das Internet zumeist von Rechtsextremen und Radikalislamisten wüste Verschwörungstheorien gegen Israel und „die Juden“ verbreitet: So sollen sie zu Zwecken des Organhandels gefangene Palästinenser umbringen, sie seien schuld am Flugzeugabsturz bei Smolensk, bei dem 2010 mehrere Mitglieder der politischen Elite Polens ums Leben kamen, an der Schweinegrippe und am Erdbeben im Indischen Ozean 2004, sie hätten den Holocaust erfunden, um Deutschland in Abhängigkeit zu halten, und steckten auch hinter den Chemtrails.
Versatzstücke aus dem Text Protokolle der Weisen von Zion zur Untermauerung antisemitischer Verschwörungstheorien verwandt. Sie sind z. B. integraler Bestandteil der Ideologie der Hamas. Eine andere Version der Theorie von der jüdisch-freimaurerisch-atheistischen Weltregierung findet sich im Umfeld der katholischen Piusbruderschaft.
Verschwörungstheoretische Elemente im Marxismus-Leninismus
Karl Popper machte bereits 1945 auf Tendenzen im Marxismus aufmerksam, nach denen Gier, Gewinnsucht und andere psychologische Phänomene nicht wie bei Karl Marx als symptomatische Folgen des bestehenden sozialen Systems verstanden würden, sondern als dessen Ursachen: Danach würden Kriege, Wirtschaftskrisen usw. als „Ergebnis einer listigen Verschwörung von ‚Großkapitalisten‘ oder ‚imperialistischen Kriegshetzern‘“ verstanden statt als unerwünschte Nebenfolgen von Handlungen, die auf ganz andere Ziele gerichtet gewesen wären. Diese Tendenzen bezeichnet Popper als „vulgärmarxistische Verschwörungstheorie“.
Zwischen den Weltkriegen zeitigte das verschwörungsideologische Weltbild auch der Sowjetunion Stalins verheerende Folgen. Während des Großen Terrors von 1934 bis 1939, insbesondere während der Moskauer Prozesse, gestanden fast alle Altbolschewiken und die übergroße Mehrheit des Offizierkorps der Roten Armee in Schauprozessen unter der Einwirkung von Folter, sie seien Teil einer antisowjetischen, entweder von Trotzki oder vom kapitalistischen Ausland gesteuerten Verschwörung.
Ob Stalin tatsächlich diesem Wahn anhing, dem mehrere Millionen Menschen zum Opfer fielen, oder ob er seine Verschwörungstheorie in kühlem Kalkül nur deswegen propagieren ließ, um potentielle Rivalen ausschalten zu können, ist ungeklärt. In den 1950er Jahren startete der Diktator dann eine ebenfalls verschwörungsideologische antisemitische Kampagne gegen so genannte wurzellose Kosmopoliten.
In jüngerer Zeit wurde vereinzelt versucht, den gesamten Leninismus als eine Verschwörungstheorie zu begreifen. Der deutsche Historiker Gerd Koenen etwa argumentiert, Lenins Imperialismustheorie enthielte, ebenso wie die verwandte Stamokap-Theorie, in ihrem Kern die Behauptung, Vertreter von Bank- sowie Industriekapital, die fusioniert hätten, nähmen als so genannte Monopolherren zunehmend Einfluss auf den Staat und seine Entscheidungsstrukturen. Durch geheime Lobby-Arbeit, wechselseitigen Personalaustausch zwischen Wirtschaft und Politik sowie institutionalisierte Bündnisse (Sozialpartnerschaft) würden die Monopolherren zunehmend Einfluss auf die Staatsleitung gewinnen, um diese schließlich vollständig ihren dubiosen Zwecken zu unterwerfen. Zu diesen Zwecken gehöre auch, den von Marx vorausgesagten tendenziellen Fall der Profitrate durch ökonomische und territoriale Expansion auszugleichen. Dies führe den so agierenden imperialistischen Staat in Konflikte mit anderen imperialistischen Staaten, was nahezu unausweichlich in kriegerische Auseinandersetzungen wie den Ersten Weltkrieg münde.
Damit hätten Lenin und andere Theoretiker, die ihm folgten, unterstellt, dass z. B. der Imperialismus und der durch ihn verursachte Erste Weltkrieg das Ergebnis illegitimer und geheimer Einwirkungen eines vergleichsweise kleinen Personenkreises sei, nämlich der „Agenten des Monopolkapitals“ So sah z. B. die Kommunistische Internationale von 1919 eine internationale, imperialistische Verschwörung des Kapitals:
„Dagegen rüstet sich das Weltkapital zum letzten Kampf. Unter dem Deckmantel des »Völkerbundes« und eines pazifistischen Phrasenschwalls macht es die letzten Anstrengungen, die spontan zerfallenden Teile des kapitalistischen Systems wieder zusammenzukleben und seine Kräfte gegen die immer mehr wachsende proletarische Revolution zu richten. Diese neue ungeheure Verschwörung der Kapitalistenklasse muss das Proletariat mit der Eroberung der politischen Macht beantworten, diese Macht gegen seine Klassenfeinde richten und als Hebel der ökonomischen Umwälzung in Bewegung setzen. […] Nieder mit der imperialistischen Verschwörung des Kapitals!“
– Richtlinien der Kommunistischen Internationale
Zwar stießen die Versuche, den gesamten Leninismus als Verschwörungstheorie zu beschreiben, in der Forschung kaum auf positives Echo, der Politologe Reinhard Kühnl sieht jedoch in späteren Formen dieser Theorien einzelne verschwörungsideologische Elemente auf der Hand liegen. In den siebziger und achtziger Jahren seien vielfach so genannte Kartell- oder Agenturtheorien diskutiert worden, nach denen der bürgerliche Staat und seine Repräsentanten nichts als Weisungsempfänger von personal auftretenden Vertretern industrieller Interessen seien. Diese – laut Kühnl – schlichte und personalisierende Beschreibung des Verhältnisses zwischen Staat und Kapitalinteressen würde heute auch von den meisten Marxisten abgelehnt, die den Einfluss industrieller Interessen nicht leugnen, ihn aber nicht als die einzige Ursache für die Machtübernahme Hitlers betrachten.
Ein Beispiel für eine solche Agententheorie ist etwa die in der DDR-Geschichtswissenschaft einhellig vertretene Auffassung, vor allem die Großindustrie habe in der Weimarer Republik die NSDAP finanziert und durch direkte Einwirkung auf Entscheidungsträger wie durch die Industrielleneingabe vom November 1932 an die Macht gebracht. Daher sei das personale Handeln der Großindustriellen der wichtigste Faktor, der zu der Übergabe der Macht an die Nationalsozialisten beigetragen hätte.
Hier wird im Sinne einer Verschwörungsideologie ein zentrales weltgeschichtliches Ereignis auf das zielgerichtete verborgene Wirken einer kleinen Minderheit zurückgeführt. Die Kanzlerschaft Hitlers wird in dieser Auffassung mit einem „monokausalen Kaufakt“ verborgen handelnder Kapitalisten erklärt, die damit angeblich ihre Expansionsinteressen wahren wollten. Andere Faktoren wie die nationalsozialistische Massenbewegung, die Weltwirtschaftskrise, die Folgen des als nationale Schmach empfundenen Versailler Vertrags und der Mangel an genügend entschiedenen Verteidigern der Republik werden demgegenüber ausgeblendet. Die historische Forschung nimmt heute dagegen an, dass der Anteil der Großindustrie an der Finanzierung der NSDAP gering war, unbeschadet der Tatsache, dass sie durchaus aktiv an der Zerstörung der Weimarer Republik mitgewirkt hat. Die Einflussnahme einzelner Großindustrieller wird dabei nicht geleugnet, aber in ein komplexes multifaktorielles Ursachengeflecht aus institutionellen Rahmenbedingungen, ökonomischer Entwicklung, politischer Kultur, sozialem Gefüge und ideologischen Einflüssen eingeordnet.
Verschwörungstheorien in den USA seit 1945
Antikommunismus
Während nach 1945 Verschwörungstheorien in Westeuropa bis in die 1990er Jahre kaum Resonanz erhielten, wurden sie in den USA nach 1945 und noch stärker nach der Ermordung Kennedys 1963 und den Anschlägen vom 11. September 2001 zu einem verbreiteten Erklärungsmuster im kulturellen und politischen Leben und Denken vieler Menschen.
Bis in die 1950er Jahre wurden Verschwörungstheorien in antikommunistischer Ausprägung vom Regierungsapparat selbst vertreten, sie gehörten zum offiziellen Mainstream . Das Komitee für unamerikanische Umtriebe unter dem Vorsitz Richard Nixons und das Government Operations Committee von Senator Joseph McCarthy etwa produzierten in den frühen fünfziger Jahren regelrechte Musterbeispiele für Verschwörungstheorien. FBI-Direktor J. Edgar Hoover behauptete 1958, während des amerikanisch-sowjetischen Bündnisses 1941−1945 hätten Kommunisten die Kontrolle zentraler gesellschaftlicher Institutionen in den USA übernommen, so der Massenmedien, der Verwaltung und der Eliteuniversitäten. Es blieb nicht bei diesen Verdächtigungen: Nixon, McCarthy und Hoover verfolgten Kommunisten innerhalb des amerikanischen Establishments und wen sie dafür hielten, verletzten deren Grundrechte und ruinierten Leben und Karriere vieler Unschuldiger. Am 27. April 1961 äußerte der amerikanische Präsident John F. Kennedy vor amerikanischen Zeitungsverlegern:
„Denn uns stellt sich auf der ganzen Welt eine monolithische und rücksichtslose Verschwörung entgegen, die sich vor allem auf versteckte Mittel für den Ausbau ihrer Einflusssphäre verlässt – auf Infiltration statt Invasion, heimliche Umstürze statt Wahlen, Einschüchterung statt Wahlfreiheit, Guerillas in der Nacht statt Armeen am Tage.“
Kennedy-Attentat
Auch in der Folge nahm deren Zahl und Verbreitung in den USA nicht ab. Seit 1963 bietet das Attentat auf John F. Kennedy Anlass zu verschiedenen Verschwörungstheorien, die beispielsweise nachzuweisen versuchen, die CIA habe gemeinsam mit der Mafia, Exilkubanern, Vizepräsident Lyndon B. Johnson und Vertretern des militärisch-industriellen Komplexes den Mord an dem Präsidenten zu verantworten. Dahinter stecke ein Staatsstreich, der Kennedys Politik habe stoppen wollen. Manche sehen die Mafia auch als alleinigen Drahtzieher des Attentats, weil die amerikanische Regierung unter Kennedy für die organisierte Kriminalität eine akute Bedrohung dargestellt habe. Eine weitere Version sieht hinter dem Mord das Castro-Regime, das den ständigen Widersacher Kennedy habe beseitigen wollen, dies in Analogie zu den tatsächlichen Attentatsversuchen gegen den kubanischen Anführer.
Dennoch gab es in diesen Jahren einen deutlichen Wandel: Etwa seit Anfang der 1960er Jahre vertritt die amerikanische Regierung keine Verschwörungstheorien mehr. Im Gegenteil, sie nutzt den Begriff, um ihr unwillkommenes, heterodoxes Wissen zu delegitimieren. 1967 griff sie zum ersten Mal zu diesem Mittel, als die CIA versuchte, die durch Flüsterpropaganda um sich greifende Kritik am Bericht der Warren-Kommission, die Lee Harvey Oswald als den alleinigen Mörder Kennedys namhaft gemacht hatte, als unglaubwürdig hinzustellen.
Die Regierung als Verschwörung
Seitdem werden Verschwörungstheorien auch in den USA marginalisiert, was zu einem Wandel ihrer Struktur führte: Nahmen bis dahin alle amerikanischen Verschwörungstheorien an, es gäbe geheime und böswillige Komplotte gegen die USA und ihre Regierung, behaupten die amerikanischen Verschwörungstheoretiker seitdem, dass die Regierung Teil der angenommenen Verschwörung sei. Reale Skandale wie die Veröffentlichung der Pentagon-Papiere, die Watergate- oder die Iran-Contra-Affäre trugen zu diesem Misstrauen bei. Dass Regierung, Wissenschaft und Mainstream-Medien dazu übergegangen waren, Verschwörungstheorien als indiskutabel zu delegitimieren, trug unter deren Anhängern zu der Überzeugung bei, es müsse was dran sein, da das Establishment ein Interesse daran habe, ihre Verbreitung zu unterbinden.
Neben Verschwörungstheorien zur Mondlandung, nach denen die Mondlandung 1969 der Weltbevölkerung mit Hilfe von Fernseh-Inszenierungen vorgetäuscht worden sein soll, oder der so genannten October Surprise-Verschwörung, wonach Persönlichkeiten aus dem Umfeld von Ronald Reagan den iranischen Revolutionsführer Ayatollah Khomeini dazu gebracht haben sollen, die Geiseln in der amerikanischen Botschaft erst nach seiner Wahl zum Präsidenten freizulassen, findet die Verschwörungstheorie der „Neuen Weltordnung“ in den USA bis heute Anhänger: In der Ideologie der rechtsgerichteten Milizbewegung, einem Konglomerat aus rechtem Libertarismus, christlichem Fundamentalismus und Antisemitismus, wird der Regierung in Washington unterstellt, im Bunde mit der UNO oder den Juden (siehe ZOG), mit anderen übernationalen Mächten oder sogar Außerirdischen daran zu arbeiten, Freiheit und Moral der Bevölkerung zu unterminieren und eine „neue Weltordnung“ errichten zu wollen. Ein erster Schritt dazu sei die Beschränkung des im zweiten Zusatzartikel zur Verfassung jedem Bürger garantierten Rechts, Waffen zu tragen. Anlass zu diesen Befürchtungen bot das Massaker von Waco (Texas) 1993, das durch den Versuch der Bundespolizei ausgelöst wurde, die geltenden Waffengesetze auch bei der kleinen Sekte der Davidianer durchzusetzen.
Verschwörungstheoretische Verdächtigungen gegen die Regierung sind besonders unter der afroamerikanischen Bevölkerung der USA verbreitet: So werden innerhalb dieser sozialen Gruppe hinter den Morden an Malcolm X und Martin Luther King oftmals Geheimdienste oder die Regierung vermutet. Auch die Thesen, dass Schusswaffen, Crack und AIDS – Phänomene, die bei der afroamerikanischen Bevölkerung überdurchschnittlich verbreitet sind – aus rassistischen Gründen absichtlich in deren Wohngebiete gebracht worden wären, finden hier weite Verbreitung.
Auch im Zuge der Terroranschläge am 11. September 2001 wurden konspirationistische Verdächtigungen gegen die amerikanische Regierung laut. Sie fanden auch in Europa Verbreitung. Demnach sei die Bush-Regierung selbst für die Angriffe auf das World Trade Center und das Pentagon verantwortlich, entweder, indem sie sie in vollem Wissen der Pläne der Attentäter geschehen ließ, oder indem sie selbst ihre Durchführung befahl. Ziel soll gewesen sein, die amerikanischen Kriegspläne gegen Afghanistan und den Irak umzusetzen und eine unilaterale Dominanz zu etablieren – siehe hierzuVerschwörungstheorien zum 11. September 2001.
Verschwörungstheorien in der islamischen Welt heute
Ähnlich wird auch in den Verschwörungsideologien argumentiert, die gegenwärtig in der islamischen Welt florieren. Hier ist eine Mischung zu beobachten, die sich aus den Verschwörungstheorien zum 11. September, aus teils klassischen, teils antiimperialistisch modernisierten antisemitischen Verschwörungstheorien und aus verschwörungstheoretischen Versuchen zusammensetzt, für die geringen Entwicklungserfolge, die die arabische Welt in den letzten hundert Jahren erzielt hat, einen Sündenbock zu finden.
Obwohl diese antisemitischen Verschwörungstheorien an einige judenfeindliche Stellen im Koran anknüpfen können (z. B. Sure 4, Vers 155), werden sie von einigen Islamwissenschaftlern nicht als genuine Frucht des Islam, sondern als Import ursprünglich europäischen Gedankenguts interpretiert. Virulent wurden diese Verschwörungstheorien vor allem seit dem Sechstagekrieg 1967 – spätestens seitdem wird Israel als Agent der imperialistischen USA hingestellt, deren Ziel es sei, eine Weltherrschaft zu errichten und entweder den Islam oder die Besonderheiten der Völker zu vernichten.
Die Protokolle der Weisen von Zion sind z. B. integraler Bestandteil der Ideologie der Hamas, und 2003 behauptete der malaysische Premierminister Mahathir bin Mohamad auf einer Tagung der Organisation der Islamischen Konferenz, „die Juden“ würden die Welt durch Stellvertreter regieren und hätten zu diesem Zweck den Sozialismus, den Kommunismus, die Demokratie und die Menschenrechte erfunden.
Besonders Israel als jüdischer Staat steht seit jeher im Fokus von antisemitischen Verschwörungstheorien, oftmals im Zusammenhang mit Holocaustleugnung, so beispielsweise der Behauptung, Israel hätte den Holocaust erfunden, um die Besetzung der Palästinensergebiete zu legitimieren. Hohe Vertreter der Islamischen Republik Iran, inklusive der bisherigen Führer,Ruhollah Chomeini und Ali Chamene’i, bekräftigten mehrfach die Feindschaft zu Israel. Beispielsweise äußerte der damalige Präsident Mahmud Ahmadinedschad am 26. Oktober 2005 auf einer Konferenz zum Thema Die Welt ohne Zionismus:
„Dieses Besatzerregime [Israel] stellt tatsächlich einen Brückenkopf der Welt der Arroganz im Herzen der islamischen Welt dar. Sie haben eine Festung errichtet, von der sie ihre Herrschaft auf die gesamte islamische Welt ausdehnen wollen. Darüber hinaus gibt es weder Grund noch Zweck für dieses Land.“
Im Dezember desselben Jahres erklärte Präsident Ahmadinedschad öffentlich im Zuge eines Konfrontationskurses mit dem Westen, dass er die Geschichte des Holocaust in Frage stellt (siehe hier zu Holocaustleugnung). Mehrfach wurden in der Folge sogenannte Holocaust-Konferenzen im Iran abgehalten.
Auch bei Kritikern der islamistischen oder patriarchal-autoritären Regime sind teils verschwörungstheoretische Elemente zu finden. Die ägyptische Menschenrechtlerin Nawal al-Saadawi zum Beispiel ist der Meinung, die arabischen Despoten hätten auch immer im Auftrag des amerikanischen und israelischen "Kolonialismus" gestanden.
Verschwörungstheorien in Europa heute
Seit den 1990er Jahren werden antisemitische Verschwörungstheorien auch wieder in Europa rezipiert, und zwar inesoterischem Gewand. Der britische ehemalige Sportreporter David Icke verbreitet die Mär, die Welt wäre von „reptiloiden“Außerirdischen unterwandert, die er zum Teil als Juden, zum Teil als Illuminaten darstellt. Dabei zitiert er zustimmend die Protokolle der Weisen von Zion. Icke selbst bestreitet, antisemitisch zu sein, da er ja nicht gegen alle Juden polemisiere, sondern nur gegen die Rothschilds, „eine der notorischsten schwarz-okkulten Blutlinien des mittelalterlichen Europa“. Sie wären auch die geheimen Drahtzieher hinter Hitler gewesen, den sie aufgebaut und bezahlt hätten. Ickes Webseite, auf der er diese und ähnliche Behauptungen verbreitet, wird nach seinen eigenen Angaben mehrere hunderttausend Mal pro Woche angeklickt.
Mit ähnlichen Behauptungen erzielte der deutsche Autor Jan Udo Holey einen Bestseller: In seinem 1993 erschienenen Buch Geheimgesellschaften und ihre Macht im zwanzigsten Jahrhundert, das vornehmlich über esoterische Buchläden vertrieben wurde, behauptet er, Mayer Amschel Rothschild hätte 1773 mit zwölf anderen jüdischen Geldgebern den Plan gefasst, bis zum Jahr 2000 den Weg für ihre Weltregierung freizumachen. Er entwirft eine umfassende Verschwörungstheorie, die vom alten Mesopotamien über den Mythos von den NS-Flugscheiben bis zu einem angeblich bevorstehenden Dritten Weltkrieg reicht und nach der die Juden am Holocaust selber schuld seien. Dabei bezieht er sich explizit auf die Protokolle der Weisen von Zion und auf Werke von Holocaustleugnern wie Germar Rudolf. Holeys „esoterische Verklärung des Nationalsozialismus“ unterlag von 1996 bis 2001 auf Beschluss des Landgerichts Mannheim wegen Volksverhetzung der Beschlagnahme.
Diese und ähnliche antisemitische Verschwörungstheorien werden in Europa heute unter anderem von dem Deutschen Jo Conrad oder dem Niederländer Robin de Ruiter verbreitet. Das deutsche Bundesamt für Verfassungsschutz sieht die Gefahr, dass an sich unpolitische, zumeist formal höher gebildete Leser durch Rezeption dieser rechtsesoterischen Verschwörungstheorien in Kontakt mit rechtsextremistischem Gedankengut kommen, was perspektivisch zu einer höheren gesellschaftlichen Akzeptanz antisemitischer Ressentiments über die rechtsextremistische Szene hinaus beitragen könne.
Die Frage, wieso esoterisch Interessierte im modernen Europa anfällig für antisemitische Verschwörungstheorien sind, wird in der Forschung unterschiedlich beantwortet. Der Berliner Historiker Wolfgang Wippermann glaubt, die Esoterik biete über den Begriff der Ganzheitlichkeit ein einfaches und zugleich binäres Welterklärungsmodell an: Das Universum werde in einem Zustand quasi natürlicher Stabilität und Harmonie gedacht, die sich aber nur einstelle, wenn sich die Menschen „mit ihrem durch Abstammung, Geschlecht, Klasse und Rasse determinierten Platz“ abfänden. Jedes Ausbrechen aus der angeblich kosmischen Bestimmung werde als Verursachung von Instabilität und Unordnung gedeutet, weswegen es naheliege, Menschen, die diese Ordnung ablehnten und sich außerhalb der Gemeinschaft stellten, zu denunzieren.
Die Schweizer Soziologinnen Chantal Magnin und Marianne Rychner nehmen dagegen an, dass sowohl Esoterik als auch Verschwörungstheorie von einem Ohnmachtsgefühl der Rezipienten ausgehen: Hier gegenüber den als allmächtig gedachten Verschwörern, dort gegenüber den geheimnisvollen kosmischen Kräften, die die Welt angeblich lenken. Die von der Esoterik empfohlenen magischen Praktiken zur Beeinflussung dieser Kräfte führten aber regelmäßig zu Frustrationserfahrungen, die wiederum zur Akzeptanz verschwörungstheoretischer Erklärungsmodelle beitrügen:
„Irgend jemand wird ja wohl dahinterstecken, wenn es einem im täglichen Leben nicht gelingt, die kosmischen Kräfte endlich zu beherrschen, wenn das Schicksal nicht zur Chance werden will.“
Erklärungsansätze
Die Popularität von Verschwörungsideologien unterliegt Schwankungen: In einigen Gesellschaften treten sie über einen gewissen Zeitraum als Massenphänomen auf, in anderen scheinen sie konstantes Merkmal der politischen Kultur zu sein, während wieder andere nur in geringem Maße davon betroffen sind. Wie der historische Überblick gezeigt hat, waren z. B. die Epoche der französischen Revolution oder Jahre um den Zweiten Weltkrieg herum Zeiten konspirationistischer Hochkonjunktur. Mehrere Erklärungen für diese Phasenwechsel bieten sich an:
Nach einer 2011 veröffentlichten Untersuchung der Psychologen Michael J. Wood und Karen M. Douglas der Universität Kent glauben Menschen, die an eine Verschwörungstheorie glauben, mit erhöhter Wahrscheinlichkeit auch an andere, wobei deren Inhalt weniger wichtig ist als die Tatsache, dass es sich eben um eine Verschwörungstheorie handelt: So war bei den untersuchten Probanden, die glaubten, Osama bin Laden wäre noch am Leben, seine spektakuläre Tötung durch amerikanische Navy SEALs 2011 also nur vorgetäuscht, die Wahrscheinlichkeit hoch, dass sie ebenfalls daran glaubten, er wäre bereits vor deren Einsatz tot gewesen. Dass beide Theorien sich gegenseitig logisch ausschließen, spielte für die Probanden offenkundig eine allenfalls untergeordnete Rolle. Dies erklären Wood und Douglas mit einer „konspirationistischen Weltsicht“, die sich weniger im positiven Glauben an die Inhalte bestimmter verschwörungstheoretischer Narrative zeige als im Zweifel und Misstrauen gegenüber der „offiziellen“ Version.
Ihre statistische Untersuchung von über 2000 Onlinekommentaren zum Thema der Terrorangriffe vom 11. September 2001 auf britischen und amerikanischen News-Webseiten ergab, dass Benutzer, die der konventionellen Erklärung zuneigten, eher für diese argumentierten als die Argumente der Verschwörungstheoretiker zu widerlegen; wer dagegen glaubte, die Angriffe seien das Ergebnis einer Verschwörung der amerikanischen Regierung, der Illuminati oder anderer, für den galt umgekehrt, dass er eher gegen die offizielle Version argumentierte als für ein geschlossenes Alternativnarrativ.
Gesellschaftliche Faktoren
Ein 1994 in der amerikanischen Zeitschrift Political Psychology erschienener Artikel untersuchte anhand einer Umfrage den Einfluss verschiedener gesellschaftlicher Faktoren auf den Glauben an Verschwörungstheorien. Den 348 Umfrageteilnehmern wurden zehn in den USA zur damaligen Zeit populäre Verschwörungstheorien präsentiert, darunter etwa:
· John F. Kennedy wurde nicht Opfer eines Einzeltäters, sondern einer organisierten Verschwörung
· das FBI war in die Ermordung von Martin Luther King verwickelt
· die Air Force hält Beweise für die Existenz fliegender Untertassen zurück
· das AIDS auslösende HI-Virus wurde von der Regierung erschaffen; darauf aufsetzend die Theorie, sie habe es danach absichtlich unter Schwarzen oder Homosexuellen verbreitet
· die Regierung bringt in den Städten absichtlich Drogen in Umlauf
· die Japaner planen die Zerstörung der amerikanischen Wirtschaft
Die Teilnehmer wurden befragt, welchen Wahrheitsgehalt sie der jeweiligen Theorie beimessen, basierend auf einer Vier-Punkte-Skala von "definitiv wahr" bis "definitiv falsch".
Der Glaube an eine Verschwörungstheorie erhöhte die Neigung, auch weitere als plausibel einzustufen. Er korrelierte mit einer Neigung zu Misstrauen gegenüber staatlichen Institutionen und zwischenmenschlichem Umfeld, Unsicherheit in Hinblick auf den Arbeitsplatz, ethnischer Herkunft und sexueller Orientierung. Menschen, die ihre Lebenssituation als ungerecht empfanden und sich von der Politik allein gelassen fühlten, glaubten signifikant häufiger an Verschwörungstheorien, ebenso Afro- und Hispanoamerikaner, was der Autor mit ihrem Status als ethnische Minderheitenin Verbindung bringt. Jüngere Menschen glaubten etwas häufiger an Verschwörungstheorien. Hinsichtlich Bildungsstand, Geschlecht oder Berufsfeld konnten nur wenige signifikante Korrelationen festgestellt werden.
Verschwörungstheorien, die bestimmte Volksgruppen in besonderer Weise betrafen, erreichten unter deren Angehörigen einen höheren Zustimmungsgrad. Afroamerikaner sind etwa bei der Drogenkriminalität deutlich überrepräsentiert und häufiger von AIDS betroffen. 62 % von ihnen stimmten der Theorie zu, die Regierung habe in den Städten absichtlich Drogen in Umlauf gebracht (alle Teilnehmer: 21 %). 31 % stimmten der Theorie zu, die Regierung habe das HI-Virus absichtlich unter Schwarzen verbreitet (alle Teilnehmer: 10 %). 68 % glaubten, die Regierung war in die Ermordung Martin Luther Kings verwickelt (alle Teilnehmer: 42 %). Diese Beobachtung deckte sich mit den Erkenntnissen einer früheren Umfrage unter afroamerikanischen Kirchenmitgliedern, bei der thematisch ähnliche Fragen gestellt wurden.
Verschwörungsideologien und Gewalt
Der historische Überblick über die Konjunkturen der Verschwörungsideologien zeigt die immense Gewaltbereitschaft, die mit diesem Denken einhergeht: Vom mittelalterlichen Inquisitionsterror gegen Andersgläubige über die englischen Verfolgungen von Kryptokatholiken und Jesuiten zur grande terreur der Französischen Revolution, dann vom Schrecken des stalinistischen Gulag bis schließlich zum Grauen in den Vernichtungslagern der Nationalsozialisten: Stets folgte auf die Entlarvung vermeintlicher Verschwörer und Volksfeinde deren Eliminierung. Und noch in der jüngsten Vergangenheit zeigt der Bombenanschlag von Oklahoma City von 1995 die mörderische Potenz von Verschwörungsideologien.
Der Zusammenhang ist notwendiger Bestandteil der scheinrationalen Logik der Verschwörungsideologien: Wenn die Bedrohung durch die als übermächtig vorgestellten Verschwörer so groß ist und wenn es aufgrund der ideologischenSelbstabdichtung keinerlei Mittel gibt, diese Phantasievorstellung zu widerlegen, muss buchstäblich jedes Mittel recht sein, sich ihrer zu erwehren.
Aufgrund der Erfahrungen des Griechischen Unabhängigkeitskrieges (1821–1829), als eine christliche Minderheit sich gewaltsam mit Hilfe von Großbritannien aus dem Osmanischen Reich gelöst hatte, fürchtete die jungtürkische Regierung im Jahre 1915 Ähnliches: Sie vermutete, die christlichen Armenier stünden insgeheim mit Russland, das schon lange Interesse an der Kontrolle der Meerengen besaß, im Bunde. Daher schalteten sie mit Massakern und Todesmärschen in die mesopotamische Wüste diese vermeintliche fünfte Kolonne des Kriegsgegners aus.
Doch Gewalt ist nicht nur die Folge staatlicher Verschwörungstheorien „von oben“: In den beiden großen Freiheitskämpfen des 18. Jahrhunderts spielen Verschwörungstheorien „von unten“ für die Motivation der Revolutionäre eine nicht zu unterschätzende Rolle. Von George Washington etwa ist bekannt, dass er hinter dem konfliktträchtigen Handeln der britischen Regierung, das zum Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg führte, eine Verschwörung witterte: Die Besteuerung der Kolonisten ohne ihre Repräsentation im Parlament erschien ihm nicht als rationale Verfolgung britischer Interessen, die nur eben den seinen widersprachen und die politisch, das heißt durch Verhandlung und Kompromiss, zu regeln wären, sondern als absichtliche und vor den Amerikanern lange geheim gehaltene Böswilligkeit, die es zu bekämpfen gelte – eine Interpretation, die den Kämpfern für die Unabhängigkeit gewiss mehr Anhänger zuführte, als wenn er sie rein rational dargestellt hätte.
Noch deutlicher wird der Zusammenhang von revolutionärer Gewalt und Verschwörungstheorie im vorrevolutionären Frankreich, wo unter der Landbevölkerung immer wieder Gerüchte von Hungerverschwörungen aufflackerten. Die berühmteste und wohl auch folgenreichste war das im Frühjahr 1789 massenhaft kolportierte Gerücht, Adel und König würden absichtlich die Getreideversorgung verknappen, um in der folgenden Hungerkrise den beim Volk beliebten Finanzminister Jacques Necker entlassen und die von ihm empfohlene Einberufung der Generalstände aussetzen zu können. Diese Verschwörungstheorie trug nicht unwesentlich zur Delegitimierung des Ancien Régime und zur Bereitschaft der von einer Hungersnot bedrohten Massen bei, auch Gewalt einzusetzen.
Die Gerüchte um Hungerverschwörungen ließen in der Folgezeit aber nicht nach. Tatsächlich waren ähnliche Sorgen der Pariser Sans culotten im Zusammenhang mit der durch Inflation bedrohten Revolutionswährung, den Assignaten, einer der Auslöser für den massenhaften Terror des Wohlfahrtsausschusses. Die Verschwörungstheorie, die revolutionäre Gewalt „von unten“ motiviert hatte, war zur Rechtfertigung staatlichen Terrors „von oben“ geworden.
Kahanismus
https://de.wikipedia.org/wiki/Kahanismus
Der Kahanismus ist eine Betrachtungsweise von Tora und Talmud basierend auf den Lehren des Rabbiners Meir Kahane. Der Kahanismus bemüht sich um das Einhalten aller Gebote und Regelungen des biblischen Gesetzes, insbesondere solcher auf nationaler Ebene, zum Beispiel wie ein jüdischer Staat geführt werden sollte. Die Problematik der Stellung von Nichtjuden in diesem Staat spielt eine besondere Rolle. Politischer Arm der Bewegung ist die israelische Kach-Partei, die als rechtsextrem und rassistisch eingeordnet und deshalb verboten worden ist.
Zentrales politisches Ziel des Kahanismus ist die Vertreibung der Palästinenser aus den israelisch besetzten Gebieten und die Vertreibung der arabischen israelischen Staatsbürger aus Israel.
Kernideologie
Kahanes Weltanschauung war ursprünglich vom revisionistischen Zionismus Wladimir Zeev Jabotinskys geprägt, der oft zu Gast in Kahanes Elternhaus gewesen war. Kahane war in seiner Jugendzeit auch Mitglied der von Jabotinsky gegründeten Betar-Jugend gewesen. Die Schriften von Israel Eldad übten ebenfalls Einfluss auf Kahane aus. Einen zentralen Aspekt der kahanistischen Ideologie stellt die Auserwähltheit des jüdischen Volkes dar. Die Juden sind nach Kahane bis heute das einzige von Gott auserwählte Volk geblieben und haben als dieses ein ewiges und heiliges Recht auf das gelobte Land. Auch war eines seiner erklärten Ziele, die internationalistische Orientierung vieler junger Israelis durch einen „gesunden Nationalismus“ zu ersetzen.
In den Augen liberaler Israelis war Kahane der Vorkämpfer eines jüdischen Rassismus. Tatsächlich wurde seine Kach-Partei auch von der israelischen Regierung als rassistisch eingestuft und ihr daher die Teilnahme an den Wahlen 1988 untersagt. Kahane wandte sich dagegen und lehnte laut eigener Aussage eine rassische Definition des jüdischen Nationalismus ab, da Nationalismus und Religion des jüdischen Volkes eine Einheit bilden würden, während rassisch motivierter Nationalismus meistens laizistisch ist. Dies mache den jüdischen Nationalismus unter den Nationalismen der anderen Völker, durch die Einheit von jüdischer Ethnie und Religionszugehörigkeit, einzigartig. Kahane rief das Oberste Gericht Israels an, dies blieb jedoch erfolglos.
Werte und Weltanschauungen, die nicht auf der Tora basieren, haben nach Kahane keine Gültigkeit für Juden, da sie gottlosen Ursprungs sind. Laut Kahane können Juden einer Welt, die Auschwitz geschaffen hat, nicht noch einmal trauen und müssen stattdessen dafür sorgen, dass sich Auschwitz nie wieder ereignet.
Groß Israel
Kahane forderte die Errichtung von Großisrael, was unter anderem die Annektierung aller besetzten Gebiete bedeutet. Er war außerdem der Auffassung, dass Juden lieber sterben sollten, statt auch nur ein Stück Land wieder zurückzugeben.
Ansicht über den Messias
Kahane war der Ansicht, dass der jüdische Messias schon längst gekommen wäre, wenn die Juden alle Gebote der Tora befolgen würden. Das weltliche System Israels, sowie die „Fremdbesatzung“ des Tempelbergs, würden dessen Ankunft daher nur verzögern
Verhältnis zur Demokratie
Die Demokratie wurde von Kahane, aufgrund ihres griechischen Ursprungs, grundsätzlich für etwas Nichtjüdisches und damit Fremdartiges gehalten. Danach sei sie an sich ungültig. Unter der Voraussetzung jedoch, dass eine demokratisch gewählte Regierung ihre Entscheidungen anhand der orthodoxen Auslegung der Tora orientiert, sei sie allerdings akzeptabel. Die israelische Demokratie wurde von Kahane jedoch als widersprüchlich bezeichnet, da Nichtjuden in ihr ebenfalls wahlberechtigt sind und somit eines Tages, im Falle eines demografischen Wandels, die Möglichkeit erhalten könnten, Israel als Judenstaat abzuwählen.
Verhältnis zu Nichtjuden
Nach der Halacha dürfen Nichtjuden nur als Fremdlinge im Land Israel wohnen, unter der Voraussetzung, dass sie die sieben Noahidischen Gebote befolgen. Volle Gleichberechtigung erhalten sie bei diesem Status jedoch nicht. Kahane berief sich darauf und forderte zusätzlich, dass Fremdlinge den Staat Israel anerkennen müssen, besondere Steuern zu zahlen haben, keine Beamten werden dürfen und ihnen das Wahlrecht verwehrt bleibt.
Ihre Loyalität sollen die Fremdlinge einmal pro Jahr bestätigen. Außerdem forderte er eine Trennung von Juden und Nichtjuden im öffentlichen Leben: Nichtjuden sollen auf von Juden getrennten Schulen unterrichtet werden, getrennte Freizeiteinrichtungen besuchen und sich nicht in Jerusalem niederlassen dürfen.
Auch forderte Kahane eine 5-jährige Haftstrafe für den sexuellen Kontakt zwischen Juden und Nichtjuden. Der weitaus größte Teil an Nichtjuden wird in Israel derzeit von den palästinensischen Arabern gestellt. Laut Kahane befinden sich die Juden heute wieder in derselben Situation, wie einst 1230 v. Chr. zur Zeit der Landnahme Kanaans. Josua, der Nachfolger von Moses und Anführer der Israeliten, ließ den Kanaanitern damals im Vorfeld der Landnahme drei Briefe zukommen, in denen er ihnen drei mögliche Optionen anbot: Sie verlassen das Land freiwillig, sie erkennen den Fremdlings-Status an, oder sie kämpfen um das Land und tragen dafür die Konsequenzen. Nach Kahane sollte man auf dieselbe Weise heute mit den Arabern verfahren
Verhältnis zur Gewalt
Der Kahanismus rechtfertigt die Anwendung von Gewalt als politisches Kampfmittel. Kahane war selbst mehrere Male handgreiflich gegenüber politischen Gegnern geworden. 1974 trat er erstmals mit dem Konzept von Terror Neged Terror(hebräisch: „Terror gegen Terror“) hervor. Ziel dieses Konzepts war es, arabischen Terrorismus mit jüdischem Terrorismus zu bekämpfen. Kahane schlug der israelischen Regierung jener Zeit vor, mit einer auf diesem Konzept basierenden Organisation auf derselben Weise zu verfahren, wie dies die arabischen Staaten mit den arabischen Terrororganisationen tun: Die israelische Regierung soll jede Verbindung zu TNT leugnen, dabei allerdings die Ausbildung der Mitglieder auf ihrem Staatsboden zulassen. Die israelische Regierung zeigte sich für diese Idee jedoch nicht empfänglich.
Kahanistische Aktivisten haben in der Vergangenheit verschiedene anti-arabischen Gewalttaten verübt, wovon das Massaker von Hebron durch Baruch Goldstein 1994 und die Schießerei von Schefar’am durch Eden Natan-Zada 2005 die Bekanntesten sind Goldstein wird heute aufgrund seiner Tat von den Kahanisten als „Gerechter“ (hebräisch: „Zaddik“) verehrt.
Rassismus: Äthiopische Juden setzen Proteste in Jerusalem fort
http://www.zeit.de/politik/ausland/2015-05/rassismus-juden-jerusalem-benjamin-netanjahu
Vor dem Regierungssitz versammeln sich äthiopischstämmige Juden, um gegen Rassismus zu protestieren. Der Präsident spricht von einer "offenen Wunde" der Gesellschaft.
4. Mai 2015, 11:48 Uhr Quelle: ZEIT ONLINE, AFP, Reuters, dpa, sk
Im Regierungsviertel von Jerusalem sind zentrale Straßen gesperrt worden, die Polizei verstärkte ihre Präsenz im Stadtzentrum mit Blick auf weitere Proteste äthiopischstämmiger Juden. Sie demonstrieren gegen Polizeigewalt und Diskriminierung in Israel. Am Vormittag wollen sie sich vor dem Regierungssitz von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu versammeln, schreibt die Jerusalem Post. Die Polizei drohte den Demonstranten demnach, man werde eingreifen, sollten die Proteste eine Gefahr für die allgemeine Sicherheit darstellen.
Am Sonntagabend waren Proteste in Tel Aviv eskaliert. Tausende aus Äthiopien stammende Juden hatten dort demonstriert. Nach Augenzeugenberichten setzte die Polizei auf dem zentralen Rabin-Platz Tränengas und Blendgranaten gegen die Demonstranten ein. Diese hätten die Sicherheitskräfte wiederum mit Steinen und Flaschen beworfen. 55 Polizisten und 12 Demonstranten wurden nach Polizeiangaben verletzt, 43 Demonstranten festgenommen.
Auslöser der Proteste waren Medienberichte über einen Übergriff auf einen Israeli äthiopischer Herkunft in der Stadt Beerscheba. Der Mann gab an, von Beamten der Einwanderungsbehörde angegriffen worden zu sein, weil sie ihn für einen Einwanderer ohne gültige Papiere hielten. Weitere Empörung verursachte ein Video, in dem Polizisten den äthiopischstämmigen Soldaten Damas Pakada schlagen.
Präsident Reuven Rivlin räumte Fehler im Umgang mit den äthiopischstämmigen Juden in Israel ein. "Wir haben nicht genau genug hingesehen und nicht genau genug zugehört." Die gewaltsamen Proteste der vergangenen Tage hätten gezeigt, dass es "im Herzen der israelischen Gesellschaft" eine "offene Wunde" gebe.
In Israel leben mehr als 135.000 Juden äthiopischer Herkunft, die vor allem in zwei Einwanderungswellen 1984 und 1991 ins Land kamen. Bis heute sind die meisten von ihnen nicht in die Gesellschaft integriert.
Nun will Ministerpräsident Benjamin Netanjahu vermitteln. In seinem Büro will er den misshandelten Soldaten empfangen sowie Vertreter der äthiopischen Gemeinde, der Polizei, des Innen- und des Sicherheitsministeriums, berichtete die Jerusalem Post.
Wie rassistisch ist das Judentum?
http://politikforen.net/showthread.php?5331-Wie-rassistisch-ist-das-Judentum
Gemäß jüdischem Gesetz ist es eine Todsünde (Verbrechen) sich mit Nichtjuden zu vermischen. Deshalb sprach schon Judenführer † Heinz Galinski ganz unverblümt aus, was ihm und den seinen das jüdische Gesetz vorschreibt: "Für Juden gilt: Keine Vermischung!" (Allgem. Jüd. Wo. Ztg., 26.7.1990, S. 11) Jetzt bestätigte sogar die jüdische WELT-Kolumnistin Miriam Lau erneut die Wirksamkeit des jüdischen Rassegesetzes, indem sie auf das Galinski-Gebot verweist: "Er [Galinski] wolle 'volle Integration, unter Ablehnung der Assimilation'." (Die Welt, 19.5.2004, S. 8)
Judesein wird genetisch bestimmt, nicht religiös. Man wird als Jude geboren, also vom Blut her als Jude definiert. Bekehrungen sind die absoluten Ausnahmen. Es gibt im Judentum keinen Missionsauftrag zur Bekehrung anderer Menschen zum Judentum. Im Gegenteil, Missionieren ist sogar verboten. Jude ist, wer die jüdische Blutslinie nachweisen kann, von einer jüdischen Mutter geboren ist. Und wer als Jude geboren ist, kann sein Judesein auch nicht abgelegen wie ein religiöses Glaubensbekenntnis: "'Wer von einer jüdischen Mutter abstammt, ist lebenslang Jude', sagt dagegen Michael Klaus Kune, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde Hannover, 'er kann gar nicht austreten'." (Der Spiegel, 19/2004, S. 68)
Bei den Juden handelt es sich also vielmehr um eine ethnische Gruppe mit eigenen Gesetzen und eigenen Interessen. So sprechen die Juden z.B. von dem Land, indem sie leben, als "Gastland". Sie empfinden sich als Juden im Sinne einer ethnischen Gruppe innerhalb des jeweiligen "Gastvolkes" (Talmud). Ferner gelten die Gesetze des "Gastlandes" für Juden nur dann, wenn sie der "Weisung" des jüdischen Gesetzes nicht widersprechen. Auch hier spricht der Talmud von "Weisung" und nicht von Religion: "Das jeweilige Landesgesetz wird anerkannt, soweit es der Weisung nicht widerspricht." (Der Talmud, Goldmann, München 1988, S. 52) Des weiteren wirft diese Gesetzesweisung die Frage nach der Loyalität auf.
Rassismus im Rabbinat: Die wahre Aussage des RaMBaM verschwiegen
9. Januar 2011 – 4 Shevat 5771
http://www.hagalil.com/2011/01/rambam-3/
Ran haCohen widerspricht Rabbinern, wie Raw Elijahu aus Zfat, die sich in ihren rassistischen Statements ausgerechnet auf den Maimonides (Rabbi Moses Ben Maimon, RaMBaM, 1135-1204) beriefen, der in seiner Torahzusammenfassung das Verbot formuliert hatte, Häuser und Felder im Lande Israel an „Götzendiener“ zu verkaufen (Mishne Torah, Hilkhot avodat kokhavim). Der RamBaM habe ausdrücklich erklärt, dass Muslime keine Götzendiener sind…
Doch natürlich, wie fast alles im jüdischen Gesetz sind die Dinge verhandelbar; Maimonides’ Autorität ist verhandelbar, seine Interpretation des Gesetzes ist verhandelbar und seine eigene Intension ist auch verhandelbar. Die Rassisten unter den Rabbinern repräsentieren eher ihren eigenen, als einen dem Judentum per se innewohnenden Rassismus.
Ran haCohen
Der orthodoxe Fehler
Es war der zionistisch orthodoxe Intellektuelle Yeshayahu Leibowitz ( 1903 – 1994), der das israelische, rabbinische Establishment drängte, nicht nur sich selbst vom Staat frei zu machen (Die RR sind alles Staatsbeamte), sondern auch eine gründliche Reform zu machen, um das Judentum der Realität des modernen jüdischen Staates anzupassen. Das rabbinische Establishment ignorierte Leibowitz’ Aufruf. Die heutige jüdische Orthodoxie, besonders die zionistische Orthodoxie ist deshalb in einem ganzen Netzwerk von lächerlichen Widersprüchen gefangen. Die Ursache liegt in der Tatsache, dass die Halakhah, das jüdische Gesetz, im Exil entwickelt wurde, als jüdische nationale Unabhängigkeit – geschweige denn ein moderner Staat – bestenfalls eine messianische Phantasie war.
Die jüdische Orthodoxie hatte versäumt , sich mit der Tatsache abzufinden, dass die Juden in Israel nicht mehr eine Minderheit, sondern eine souveräne Mehrheit sind. Viele der rassistischen Seiten des Judentums sind auf diesen ungeklärten Wandel zurückzuführen. Eine Mehrheit in einem modernen Staat hat sehr verschiedene moralische Rechte und Pflichten als eine kleine religiöse Gemeinschaft im Exil.
Der führende ultra-orthodoxe israelische Rabbiner Yosef Shalom Elyashif hat sich über die rassistischen Rabbiner um Elija lustig gemacht, indem er sie daran erinnerte, dass sie es doch waren, die die umstrittene Umgehung eines biblischen Gebots, nämlich dem, dem Land alle sieben Jahre ein Sabbatjahr zu geben, in welchem das Land ruhen, also brachliegen soll, durchzusetzen, indem sie empfahlen das Land alle sieben Jahre, symbolisch, für ein Jahr an einen Nichtjuden zu verkaufen, damit es dann doch bestellt werden könne.
Diese Rabbiner sind also nicht nur Rassisten, sie sind auch Heuchler. Ihr politisches Engagement zum chauvinistischen Rassismus ist tiefer als ihre religiöse Integrität.
Wenn die Rassisten schon darauf bestehen, die Araber wie Götzendiener zu behandeln, warum erinnern sie uns dann nicht an die übrigen Worte von Maimonides? Im selben Kapitel steht: Maimonides verbietet alles, was das Leben von Götzendienern rettet: wenn ein Götzendiener am Ertrinken ist, soll ihn ein Jude nicht retten; wenn ein Götzendiener am Sterben ist, sollte ein Jude sein Leben nicht retten; und ein jüdischer Arzt soll einen Götzendiener nicht heilen, wenn er nicht dazu gezwungen wird.
Andrerseits stellt Maimonides im selben Kapitel fest, dass all diese Regeln nur dann gelten, wenn die Juden im Exil sind und die Götzendiener die Überlegeneren sind (Anm.: man also durchaus von einer Zwangslage sprechen könnte, die das Gebot gerade im Exil aufhebt). Und wenn die Juden die Oberhand haben? Dann sollte das biblische Gebot ( Deuteronomium 7) befolgt werden: „Wenn Israel die Macht über sie hat, dann ist es für uns verboten, dass ein Götzendiener unter uns weilt… Sogar ein vorübergehender Bewohner oder ein Händler, der von Ort zu Ort reist, sollte es nicht erlaubt werden, durch unser Land zu reisen“ – wenn er nicht die Sieben Gesetze des Noah akzeptiert. In diesem Fall wird er „fremder Bewohner“, eine Kategorie, die sich fast aller Rechte der Juden erfreut. Es gibt kaum Zweifel, dass die Muslime den Sieben Geboten des Noah gehorchen, und deshalb …
Die Rassisten unter den Rabbinern verheimlichen diese Ansichten. Sie verheimlichen die angefochtene Gültigkeit der rassistischen Regulierungen, weil sie selbst unnachgiebig rassistisch sind. Sie verheimlichen die schlimmsten rassistischen Regeln, weil sie fürchten, dass viele ihrer Nachfolger nicht so weit gehen würden. Wenigstens nicht jetzt, wenigstens nicht öffentlich.
Und sie kennen ihre Nachfolger. Ihre Forderung, Besitz nicht an Araber zu vermieten oder zu verkaufen, wird von 55% der israelischen Juden unterstützt, wenn man einer kürzlichen Ynet-Volksbefragung vertrauen kann, einschließlich einer großen Minderheit von 41% nicht religiöser Juden und 88% von Orthodoxen und Ultra-Orthodoxen Juden. Ich fordere die Alan Dershowitzers der Welt auf, ein anderes (westliches oder anderes) Land zu finden, in dem eine Mehrheit gegen den Verkauf von Land an eine ethnische Minderheit von Mitbürgern ist.!!
Der säkulare zionistische Fehler
Der lautstärkste unter den rassistischen Rabbinern (RR) ist Shmuel Eliyahu von Safed. Es ist nicht zufällig in seiner Stadt, wo arabische Studenten regelmäßig schikaniert und gedemütigt, ihr Besitz mutwillig beschädigt wird und Juden, die ihnen eine Wohnung vermieten, angepöbelt und bedroht werden.
In einer hebräischen Zeitungsspalte verleumdet ein rassistischer Rabbiner fast jeden: die „Linken“, die Umweltschützer, die Araber, das Gericht, den Staat – sie alle verschwören sich alle gegen das Wort Gottes, auf das er und seine Nachfolger ein Monopol hätten.
Eines der Ziele der RR verdient besondere Beachtung: es gäbe nichts Illegales am Aufruf zum Verbot, Arabern Land zu verkaufen, sagt Eliyahu, weil der Jüdische National Fond (JNF) dies seit Jahrzehnten getan habe und zwar unter der Schirmherrschaft des Staates.
Hier trifft der rassistische Rabbi den Nagel auf den Kopf. Tatsächlich besitzt der JNF 13 % des Landes von Israel und weist eindeutig Land nur Juden zu. Der Fond wurde lange vor der Staatsgründung Israels geschaffen und sammelte Geld, um jüdische Siedlungen in Palästina zu kaufen. Er ist ein großer Mitarbeiter im zionistischen Bewusstsein in aller Welt. In früheren Dekaden gab es kein zionistisches Klassenzimmer in der jüdischen Welt, in der es nicht die blaue Büchse für Spenden gab. Diese Institution, die die Kolonisation fördern sollte, wurde auch noch lange nach der Gründung des Staates lebendig gehalten. Doch ein souveräner Staat hat sehr andere moralische Rechte und Pflichten als eine vorstaatliche Unabhängigkeitsbewegung. Aber Israel hält den Stock an beiden Enden.
Die diskriminierende Politik der JNF wurde Jahrzehnte lang ausgeführt und ist jetzt unter der Aufsicht von Israels Obersten Gerichtshof. Erst letztes Jahr unterzeichnete Israel einen massiven Landtausch mit dem JNF, bei dem der JNF dem Staat Land im bevölkerten Zentrum Israels gab. Er bekam dafür vor allem unbewohntes Land im Norden und im Süden, damit er Araber daran hindern kann, dort zu siedeln. Der Staat benützt den JNF als Subunternehmer, um das Prinzip der Gleichheit und das Diskriminieren von Nichtjuden zu umgehen, wenn es sich um Zugang zu freiem Land handelt – oder noch öfter um Land, das schon von Arabern bewohnt ist, die Israel zu vertreiben vorhat. Der JNF ist der Hauptenteigner der Beduinen im Süden Israels. Er pflanzt Bäume auf Hunderten von Hektar Land, die Beduinendörfern gehören, um die nicht-jüdische Bevölkerungas aus dem Gebiet zu entfernen. Der JNF steht auch hinter der Zerstörung von Arakib, einem Beduinendorf, das jetzt zum 8. Mal in den letzten Monaten durch Bulldozer der JNF zerstört wurde.
Wenn also Präsident Shimon Peres und andere zionistische Politiker die RR verurteilten, sollte man dies nicht alzu ernst zu nehmen. Es ist immer israelische Politik gewesen – linker genau so wie rechter Regierungen – an Araber kein Land zu verkaufen oder zu verpachten. Eine ergänzende Maßnahme zur massiven Konfiszierung von Land in arabischen Besitz. Die jüdische Orthodoxie hat versagt, den Status der jüdischen Mehrheit zu erklären. Der Zionismus hat sich geweigert, sich mit seinen vorstaatlichen kolonialistischen Wurzeln abzufinden, selbst innerhalb des „kleineren Israel“, geschweige denn in den besetzten Gebieten. Elijahu mag weniger eloquent sein als Shimon Peres, aber beide vertreten ein Ethos, das ethnische Diskriminierung duldet bzw. fördert.
Ran HaCohen, 1964 in den Niederlanden geboren, wuchs in Israel auf. Er studierte Computer-Wissenschaften, vergleichende Literaturwissenschaften und Jüdische Studien und lehrt an der Universität von Beer Sheva. Er arbeitet auch als literarischer Übersetzer (vom Deutschen, Englischen und Niederländischen) und lehrt in der Abteilung für vergleichende Literaturwissenschaft an der Tel Aviv Universität. Außerdem ist er Literaturkritiker für die israelische Tageszeitung Yedioth Ahronoth, Israels verbreitetste Tageszeitung.
Nach einer Übersetzung von Ellen Rohlfs
Judenfeindlichkeit
https://de.wikipedia.org/wiki/Judenfeindlichkeit
Judenfeindlichkeit (auch Judenhass, Judenfeindschaft,gegebenenfalls Judenverfolgung) bezeichnet eine pauschale Ablehnung der Juden und des Judentums. Dieses Phänomen erscheint seit etwa 2500 Jahren und hat besonders die Geschichte Europas über weite Strecken begleitet. Es reicht von Verleumdung, Diskriminierung und Unterdrückung über lokale und regionale Ausgrenzung, Verfolgung und Vertreibung bis zum Genozid an etwa sechs Millionen europäischen Juden (Holocaust) in der Zeit des Nationalsozialismus.
Sind die Motive der Feindschaft überwiegend religiös, wird von Antijudaismus gesprochen.
Sind die Motive nationalistisch, sozialdarwinistisch oder rassistisch, wird dies im Anschluss an die Antisemiten selbst seit etwa 1870 als Antisemitismus bezeichnet. Dieser Begriff wird heute oft als Oberbegriff und Synonym für alle Formen pauschaler Judenfeindlichkeit gebraucht. Dabei unterscheidet die Antisemitismusforschung im Antisemitismus (bis 1945)oft einen Frühantisemitismus (von etwa 1800 bis 1879) und einen „modernen“, rassistischen Antisemitismus (1879–1945).
Beide unterscheidet sie vom „sekundären“ Antisemitismus. Wo Charaktermerkmale, Ideen und gesellschaftliche Tendenzen als „jüdisch“ abgelehnt werden, obwohl es dort kaum oder keine Juden gibt, spricht man vom „Antisemitismus ohne Juden“. Die Ablehnung des Zionismus und des Staates Israel nennt man Antizionismus. Dieser kann antisemitische Motive enthalten oder verdecken. In Bezug auf die islamische und arabische Welt spricht man dann von einem islamischen oder arabischen Antisemitismus
Im Unterschied zu allgemeiner Fremdenfeindlichkeit wird Judenfeindlichkeit mit angeblich unveränderlichen Eigenschaften von Juden begründet, die oft auch gleichbleibend bezeichnet und dargestellt werden. Juden sollten als „Feinde der Menschheit“ (Antike), „Gottesmörder“, „Brunnenvergifter“, „Ritualmörder“, „Wucherer“ (Mittelalter und frühe Neuzeit), „Parasiten“, „Ausbeuter“, „Verschwörer“ und heimliche „Weltherrscher“ (etwa ab 1789) immer die angeblichen Verursacher aller möglichen negativen Fehlentwicklungen und menschengemachten Katastrophen sein. So ähneln sich antijüdische Karikaturen durch die Jahrhunderte stark. Diese Stereotype wirken bis in die Gegenwart fort und haben sich als außergewöhnlich stabil und anpassungsfähig erwiesen. Solche Judenbilder gelten daher auch als besonders typisches und wirkungsmächtiges Beispiel „für Bildung von Vorurteilen und politische Instrumentalisierung daraus konstruierterFeindbilder“.
Pauschale Judenfeindlichkeit tendierte bei all ihren verschiedenen Begründungen letztlich zur Auslöschung des Judentums, indem es zur überholten und „verworfenen“ Religion erklärt wird (christliches Mittelalter), einem allgemeinen humanen „Fortschritt“ zum Opfer gebracht werden sollte (Aufklärung) und schließlich zum Untergang im „Rassenkampf“ bestimmte (NS-Zeit).
Antike Judenfeindschaft
Die Großreiche des Alten Orients Altes Ägypten, Assur, Babylonien, , das Großreich Alexanders und das Römische Reich versuchten oft, den Völkern eroberter Gebiete ihre Götter und Kultur aufzuzwingen. Ihre Religionspolitik war meist mit einem Staatskult verbunden, der ein Gottkönigtum beinhaltete, um die unterworfenen Völker ihrer Zentralgewalt zu unterwerfen und zu vereinheitlichen. Dabei gestattete ihnen der verbreitete Polytheismus, andere Götter in das eigene Pantheon aufzunehmen. So konnten die eroberten Völker ihre Götter unter neuen Namen weiter verehren.
Die Israeliten glaubten seit ihrer vorstaatlichen Zeit (um 1200 bis 1000 v. Chr.) nur an einen Gott (Monotheismus), der sich ihnen im Auszug aus Ägypten als ihr Befreier JHWH bekannt gemacht habe und als Schöpfer der ganzen Welt nicht mit Geschaffenem verwechselbar sei (Ex 3,14 EU, 20,2ff. EU). Sie verweigerten sich zunehmend der polytheistischen Umwelt, lehnten Synkretismus und Gottkönigskulte ab und stellten damit die Wertorientierung und politische Einheit der jeweils herrschenden Großreiche in Frage.
In der antiken Geschichte Israels wurde die Existenz des Judentums mehrfach akut bedroht. Die Assyrer zerstörten das Nordreich Israel (722 v. Chr.), die Babylonier zerstörten den ersten Jerusalemer Tempel, exilierten die Oberschicht des Reiches Judas und beendeten seine Königsdynastie (586 v. Chr.). Der Seleukide Antiochos IV. versuchte um 170 v. Chr. zuerst, den Zeuskult im Jerusalemer Tempel zu etablieren, verbot dann den Sabbat und die Beschneidung und verfolgte so die tora treuen Anhänger der aufständischen Makkabäer unter den Juden, um deren Religion zu vernichten.
Das Römische Reich tolerierte nach seiner Eroberung Israels (65 v. Chr.) das Judentum mit seinem erneuerten zentralen Tempelkult zunächst. Durch hohe Steuerlasten, Missachtung wichtiger jüdischer Identitätsmerkmale, etwa des Bilderverbotsim Tempelbezirk, und den Kaiserkult der römischen Kaiserzeit entstanden zunehmende Spannungen, die zum Jüdischen Krieg eskalierten. Die Römer beendeten diesen 70 n. Chr., indem sie Jerusalem und den zweiten Jerusalemer Tempel zerstörten.
Damit verlor das Judentum sein religiöses und staatliches Zentrum. Nach ihrem Sieg über Bar Kochba (135) verboten die Römer Juden die Ansiedlung in Jerusalem und vereinten Judaea mit seinen Nachbarprovinzen zur Provinz Syria Palaestina, in der nur noch wenige Juden leben durften. Damit hatten die Juden auch ihr Land, die bisherige religiöse Teilautonomie und die Aussicht auf einen eigenen Staat verloren. In der Folgezeit verfestigten sich die seit etwa 200 v. Chr. im Orient verbreiteten antijüdischen Stereotype bei gebildeten Römern: Ihnen galten Juden als „Feinde des Menschengeschlechts“ (Tacitus).
Antijudaismus
Als „Antijudaismus“ wird eine religiöse Judenfeindschaft bezeichnet, die im Christentum mit spezifisch theologischen Motiven begründet wurde:
· Die Anklage des „Gottesmords“ gibt den Juden eine Kollektivschuld am Tod Jesu Christi. Daraus abgeleitet oder damit verwandt waren christliche Ritualmordlegenden und Stereotype wie der „Hostienfrevel“.
· Die Substitutionstheologie behauptet, die Juden hätten durch die Ablehnung Jesu Christi ihre Erwählung zum Volk Gottes verloren und stünden unter einem fortwirkenden Fluch Gottes, während die Kirche ihre Erwählung „geerbt“ habe, so dass nur noch zu Christen getaufte Juden das Heil erlangen könnten.
Dazu wurden antijüdisch ausgelegte Textstellen des Neuen Testaments herangezogen. Dies diente anfangs der Selbstbehauptung einer judenchristlichen Minderheit in Judäa, wurde seit etwa 130 von der inzwischen heidenchristlichen Mehrheit übernommen und bis 380 in eine Staatsreligion mit universalem Herrschaftsanspruch integriert. Im Hochmittelalter nahm die antijüdische Kirchenpolitik Züge einer systematischen Verfolgung an. Juden wurdenzwangsgetauft, ghettoisiert, kriminalisiert und dämonisiert.
Um 1450, gegen Ende der Reconquista, führte die spanische Inquisition unter Torquemada und seinen Nachfolgern den Begriff der limpieza de sangre (spanisch für „Reinheit des Blutes“) ein: Nur Christen, die nicht von zwangsgetauften Juden (Marranen) oder Muslimen (Morisken) abstammten, galten als unverdächtig. 1492 vertrieben die katholischen KönigeSpaniens die dort lebenden Juden (Alhambra-Edikt).
Christen grenzten Juden seit dem 9. Jahrhundert aus den meisten Berufsbereichen aus und überließen ihnen verachtete Berufe wie den Trödelhandel, das Pfand- und Kreditwesen. Später begründeten sie ihre Judenfeindschaft oft auch ökonomisch und politisch: Juden galten als Wucherer und arbeitsscheu, die zudem heimlich nach Herrschaft über alle Christen oder sogar nach ihrer Vernichtung strebten.
Mit solchen Verschwörungstheorien wurden Pogrome an Juden gerechtfertigt, so besonders bei den Kreuzzügen im 12. und 13. Jahrhundert und bei der Pestpandemie im 14. Jahrhundert.Martin Luther riet in seiner Schrift Von den Juden und ihren Lügen 1543 den Fürsten zur Zerstörung der Synagogen und jüdischen Wohnungen, Internierung, Zwangsarbeit und schließlich Vertreibung der Juden
Im 19. Jahrhundert gingen christliche und rassistische Judenfeindschaft ineinander über; so belebten Antijudaisten und Antisemiten gemeinsam die Ritualmordlegende neu. Seit 1900 waren nationalistische Christen oft auch Antisemiten, so in der NS-Zeit die evangelische Kirchenpartei „Deutsche Christen“.
Seit 1945 begann unter dem Eindruck des Holocaust eine allmähliche Abkehr der Kirchen von der theologisch begründeten Judenfeindlichkeit, wobei besonders die Judenmission weiter Streitthema blieb
Der Begriff Antisemitismus
Entstehung und Bedeutung
Der Begriff „Antisemitismus“ ist ursprünglich eine Erweiterung zu „Semitismus“, einem linguistischen Terminus, der sich von den „Semiten“ ableitet, also den „Nachfahren des Sem“, eines Sohnes Noahs in der Bibel (Gen 9,18 EU). Auf ihn und seine Brüder Ham und Jafet führt die „Völkertafel“ in Gen 10 EU alle aufgezählten Völker der Erde zurück. Die biblische Exegese des Mittelalters ordnete die Semiten Asien, die Jafetiten Europa und Hamiten Afrika zu.
Im 18. Jahrhundert wichen manche Historiker und Orientalisten davon ab und bezogen die Stammlinien-Namen auf kontinentübergreifende Sprachfamilien. Im Gefolge von August Ludwig von Schlözer, der Hebräer, Araber und afrikanische Abessinier 1771 als „Semiten“ bezeichnete, ordnet die Sprachwissenschaft Hebräisch, Arabisch, Aramäisch und das in Äthiopien gesprochene Amharisch als semitische Sprachen ein.
1816 stellte Franz Bopp diesen die indogermanischen Sprachen gegenüber, deren Verwandtschaft er bewies. Um 1860 kam auch das Abstraktum „Semitismus“ für Fremdwörter aus der Sprachfamilie der „Semiten“ auf. Diesen wurden auch europäische Juden zugeordnet, die in der Diaspora längst nicht mehr nur Hebräisch sprachen.
Die Französische Revolution von 1789 hatte die Durchsetzung der allgemeinen Menschenrechte und die Bildung von Nationalstaaten europaweit begünstigt. Damit begannen auch andere Staaten ihre Staatsbürger rechtlich allmählich gleichzustellen und leiteten eine Jüdische Emanzipation ein. Nationalistische Einigungsbewegungen bekämpften diese und suchten der veränderten historischen Lage angepasste Gründe für den tradierten Judenhass des vom Christentum geprägten Mittelalters.
Arthur de Gobineau (1853) und andere begründeten den Rassismus als pseudowissenschaftliche Theorie, in der sie auch Juden als eigene, von den übrigen Europäern unterschiedene „Rasse“ definierten. Um 1860 schlossen manche Ethnologen von Sprach familien auf ethnisch und genetisch verwandte bzw. verschiedene Völker und Rassen. Obwohl sie „Indogermanen“ und „Semiten“ als gemeinsame kaukasische Rasse zusammengefasst hatten, schrieb der Orientalist Christian Lassen „Ariern“ (Indogermanen) und „Semiten“ in seiner Indischen Altertumskunde (1844–1865) verschiedene Eigenschaften zu:
„Die Geschichte beweist, dass Semiten nicht die Harmonie seelischer Kräfte besitzen, die die Arier unterscheidet. Der Semit ist selbstsüchtig und ausschließend. Er besitzt einen scharfen Verstand, der ihn befähigt, Gebrauch von den Gelegenheiten zu machen, die andere schaffen, wie wir es in der Geschichte der Phönizier und später der Araber sehen.“
Der französische Historiker und Philologe Ernest Renan kategorisierte Judentum, Christentum und Islam 1862 als „semitische Religion“ und behauptete, „Semiten“ sei jeder militärische, politische, wissenschaftliche und geistige Fortschritt fremd.
Intoleranz sei die natürliche Folge ihres Monotheismus, den sie den vom Polytheismus geprägten Ariern kulturell übergestülpt hätten. Ihr „arrogantes Erwählungsbewusstsein“ sei seit 1800 Jahren verantwortlich für den Hass auf sie. Zugleich warnte Renan davor, die heutigen Juden als „Semiten“ zu bezeichnen.
Der Bibliograph und Orientalist Moritz Steinschneider bezeichnete Renans Thesen 1860 in der Hebraeischen Bibliographie für neuere und ältere Literatur des Judentums als „antisemitische Vorurteile“. Der Orientalist Gustav Weil behauptete 1865 im Rotteck-Welckerschen Staatslexikon in dem Artikel „Semitische Völker“, das Königtum unter den Juden sei wie das Khalifat unter den Arabern, „eine antisemitische Geburt.“ Weil gebrauchte das Adjektiv demnach im Sinne von „unsemitisch“. In seiner explizit gegen Juden und Judentum gerichteten Bedeutung wurde „antisemitisch“ erstmals in der Allgemeinen Zeitung des Judenthums vom 2. September 1879 in einem Beitrag über judenfeindliche Umtriebe erwähnt. Einer anonymen Korrespondenz aus Hamburg entnahm die Redaktion,
Wilhelm Marr beabsichtige ein „antisemitisches Wochenblatt“ zu publizieren. Als neue begriffliche Prägung tauchte das Substantiv „Antisemitismus“ dann tatsächlich wenige Wochen später im Umfeld von Marr auf. Zu diesem Zeitpunkt war die Bezeichnung „Semiten“ für Juden in der antijüdischen Literatur bereits geläufig, wie auch dasselbe Milieu den ursprünglich sprachwissenschaftlichen Terminus „Semitismus“ in einem abwertenden und judenfeindlichen Sinne instrumentalisiert hatte. Da „Semitismus“ als Begriff aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts stammte und eine Sprachfamilie bezeichnete, keineswegs aber ein ethnisches Kollektiv, ist das Antonym „Antisemitismus“ eine etymologische Fehlprägung.[6]
Marr rief 1879 zur Gründung einer „Antisemitenliga“ auf und gab einige „Antisemitische Hefte“ heraus. 1880 initiierte die „Berliner Bewegung“ zudem eine „Antisemitenpetition“. Von da an bezeichnete „Antisemitismus“ allgemein die Haltung von deren Unterzeichnern und Marrs Anhängern. In seiner populären Schrift Der Sieg des Judenthums über das Germanenthum (1879) definierte Marr Juden als „orientalische Fremdlinge“ einer „semitischen Race“. Wegen angeblich biologisch determinierter Eigenschaften seien sie moralisch minderwertig und weder durch die christliche Taufe noch erzieherische „Verbesserung“ in die bürgerliche Gesellschaft zu integrieren.
Dieser Versuch gefährde vielmehr die Rasseeigenschaften der Deutschen, die sich nur durch Ausgrenzung der Juden hätten behaupten können, diesen aber gleiche Rechte verschafft und damit ihren Untergang besiegelt hätten. Weil die Juden von Natur aus unfähig zur Assimilation seien, hätten sie einen „Staat im Staate“ gebildet und dann in einem unbemerkten rassistischen Kultur krieg dessen Presse, Staatsfinanzen und Wirtschaft erobert.
„Der Jude“ sei mit der „Geldmacht“ identisch und beherrsche die „Germanen“, die ihren „Kampf ums Dasein“ gegen „Verjudung“ und „Zersetzung“ seit 1848 praktisch verloren hätten. Diesen „aufgeklärten“ politischen Antisemitismus grenzte Marr scharf vom bloß emotionalen christlich-religiösen Judenhass ab, um ihn als rationalen Diskurs erscheinen zu lassen und auch religionsferne Bürger von der angeblich notwendigen Ausgrenzung der Juden zu überzeugen. Marr prägte den Begriff „Antisemitismus“ auch, um zeitgenössischen antijüdischen Kampagnen in Mitteleuropa einen „wissenschaftlichen“ Anstrich zu geben.
Da die jüdische Minderheit keine einheitliche Ideologie und Partei vertrat, die die Antisemiten hätten bekämpfen können, konstruierten sie einen völkisch-rassischen Gegensatz und machten das tradierte Schimpfwort „der Jude“ zum Inbegriff aller negativ erlebten und gedeuteten Zeiterscheinungen seit der Aufklärung. Er besitze und lenke die kritische Presse, infiltriere die Nation mit egoistischem Gewinnstreben, kalter Zweckrationalität, fremden Ideen und Tendenzen: Rationalismus,Materialismus, Internationalismus, Individualismus, Pluralismus, Kapitalismus (Manchester liberalismus) , Demokratie,Sozialismus und Kommunismus. Er sei schuld am Zerfall („Zersetzung“) traditioneller Gesellschaftsstrukturen, an Ausbeutung, Wirtschaftskrisen, Kapitalkonzentration und Inflation, Uneinigkeit und Schwäche der Nation. Als Zusammenfassung solcher anti-jüdischen und rassistischen Stereotype wurde der Begriff „Antisemitismus“ im Kaiserreich rasch Allgemeingut. Er blieb etwa 75 Jahre lang die Eigenbezeichnung „prinzipieller“ Judenfeinde, die die Bekämpfung des „Semitismus“ zu ihrem Programm machten und damit die Isolierung, Vertreibung und schließlich die Vernichtung der Juden meinten.
Auch im Zarenreich Russland, Kaisertum Österreich und nachrevolutionären Frankreich verbreitete sich Antisemitismus bei verschiedenen antiliberalen und nationalistischen Gruppen.
Diskussion
Seit 1880 wurde der Ausdruck „Antisemitismus“ als zu weiter, unscharfer „Sammelbegriff für negative Stereotypen über Juden, für Ressentiments und Handlungen, die gegen einzelne Juden als Juden oder gegen das Judentum insgesamt sowie gegen Phänomene, weil sie jüdisch sind, gerichtet sind“, kritisiert. Er bedeute „viele Dinge für viele Leute“ und entziehe sich damit einer einfachen Definition. Das Meyers Konversations-Lexikon von 1881 vermerkte wie der heutige Brockhaus: Der Begriff sei falsch, weil „Semiten“ neben Juden auch Araber umfasse, die die Antisemiten aber nie meinten.
Auch der Antisemit Eugen Dühring sah den Ausdruck als „zu allgemeinen Fehlgriff“: „Die Juden sind ein bestimmtes Volksstämmchen aus der semitischen Rasse und nicht diese Rasse selbst […] Die Juden sind überhaupt die übelste Ausprägung der ganzen semitischen Race zu einer besonders völkergefährlichen Nationalität.
Der Ausdruck ‚semitisch‘ wird bei den Juden leicht zur Beschönigung; […] und der Ausdruck Antisemitismus, den man von Europa aus den arabischen Regungen untergeschoben hat, wird, wo man ihn versteht, zu einer offenbaren Lächerlichkeit. Verschiedene semitische Stämme haben einen weit besseren Charakter als die Juden. […]
Man sage also eben auch dann, wenn man die Race meint, kurzweg Jude und nicht etwa Semit.“ In dieser Tradition lehnten auch Nationalsozialisten wie Joseph Goebbels den Begriff später ab, um die Beziehungen zur arabischen Welt nicht zu belasten: „Die deutsche Politik richtet sich nur gegen die Juden, nicht aber gegen die Semiten schlechthin. Es soll stattdessen das Wort anti-jüdisch gebraucht werden.“
Der von den Nationalsozialisten verfolgte jüdische Schriftsteller Jakob Wassermann kritisierte: „Zum ersten Mal begegnete ich jenem in den Volkskörper gedrungenen dumpfen, starren, fast sprachlosen Hass, von dem der Name Antisemitismus fast nichts aussagt, weil er weder die Art noch die Quelle, noch die Tiefe, noch das Ziel zu erkennen gibt.“ Der Historiker Eberhard Jäckel (2002) nannte den Begriff eine „sprachlich unzutreffende Bezeichnung für Judenhass“. Georg Berger-Waldenegg (2003) kritisierte, dass der Begriff indirekt den Glauben an „allgemein und historisch durchgehende jüdisch-semitische Eigenschaften induziere und verstärke“.
Seit dem Holocaust wurde „Antisemitismus“ zur Fremdbezeichnung. Während Antisemitismusforscher in Israel,Großbritannien und den USA das Wort meist als Oberbegriff für pauschale, auch nichtrassistische Judenfeindlichkeit mit „eliminatorischen“ Zügen verwenden, beziehen deutschsprachige Forscher es meist weiterhin auf jene Strömung, die ab etwa 1789 in Mitteleuropa entstand und deren Vertreter das Wort ab 1879 für ihre Ziele benutzten.
Weil die so bezeichnete Judenfeindlichkeit kaum vom Rassismus zu trennen war, beschrieben Reinhard Rürup und Thomas Nipperdey (1972) das damalige Phänomen als „grundsätzlich neue judenfeindliche Bewegung“ und lehnten die Übertragung des Antisemitismusbegriffs auf ältere, nichtrassistische Judenfeindlichkeit ab. Auch die jüdischen Historiker Alex Bein(1980) und Jacob Katz (1988) lehnten die Verwendung von „Antisemitismus“ als Oberbegriff ab.
Beide beschrieben den „modernen“ Antisemitismus sowohl als Kontinuum zur früheren Judenfeindlichkeit als auch als Anfang einer neuen Epoche. Hermann Greive (1995) und Helmut Berding (1999) betonten den qualitativen Unterschied des „modernen“ Antisemitismus zu früheren Formen des Judenhasses. Greive hielt jedoch die Betrachtung der Kontinuität oder Diskontinuität zwischen beiden für gleichermaßen legitim.
Andere Forscher betonten die Kontinuität. Yehuda Bauer (1992) zufolge kann der Antisemitismus „sein christliches Erbe nicht leugnen“.[28] Ernst Simmel (1993) urteilte „Der Antisemitismus ist sich über Jahrhunderte hin im wesentlichen gleich geblieben, auch wenn sich seit der Aufklärung seine Ausdrucksformen verändert haben, so wie die ethischen Maßstäbe und die Sozialstrukturen jeder Epoche.“ Rita Botwinick (1996) sah Antisemitismus als „modernes Wort für eine althergebrachte Bösartigkeit“. Shulamit Volkow (1997) zufolge ist es „mit der Neuheit des modernen Antisemitismus nicht weit her“. Olaf Blaschke (2000) stellte die „Unterscheidung zwischen überkommenen religiösen und dabei antijüdisch orientierten Vorstellungen und modernen rassisch motiviertem Denken“ in Frage.
Diese Betrachtungsunterschiede spiegeln sich auch in den verschiedenen Bezeichnungen des Phänomens wider. Alphons Silbermann (1981) unterschied „klassischen“ und „modernen“ Antisemitismus. Winfried Frey (1989) ordnete Beispiele für Judenfeindlichkeit der frühen Neuzeit als „Frühantisemitismus“, „vormodernen“ oder „Proto-Antisemitismus“ ein Léon Poliakov (1991) plädierte für „Antijudaismus“ als Oberbegriff für religiösen und rassistischen Judenhass. Paul L. Rose(1990 ff.) nannte auch Judenfeindlichkeit vor 1870 „Antisemitismus“, um Kontinuitäten herauszustellen. Wolfgang Altgeld(1992) sprach von „aufgeklärter Judenfeindschaft“ des 18. Jahrhunderts und „frühnationalistischem Antijudaismus“ von 1800 bis zur Märzrevolution 1848. Steven T. Katz (1994) und Victor Karady (1999) verwendeten die Begriffe „Antijudaismus“ und „Antisemitismus“ austauschbar.
Weder „Antisemitismus“ noch andere Begriffe setzten sich in der Forschung als Oberbegriffe für alle Arten von Judenfeindlichkeit durch, weil sie ebenfalls unscharf definiert und auf bestimmte Aspekte oder Zeitepochen begrenzt waren. In der Umgangssprache dagegen wurde „Antisemitismus“ seit 1945 laut Nipperdey und Rürup (1975) praktisch gleichbedeutend mit „Judenfeindlichkeit“:
„Das Wort Antisemitismus ist nach 1945 in Deutschland zweifellos häufiger gebraucht worden als in den zwölf Jahren vorher. Wissenschaft, Publizistik und Pädagogik haben den Antisemitismus als ein Schlüsselphänomen analysiert. Dabei ist die Bedeutung des Begriffs ‚Antisemitismus‘ außerordentlich erweitert worden: er meint nicht mehr nur die antijüdische Bewegung seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert — die man nun meist als ‚modernen Antisemitismus‘ bezeichnet —, sondern alle judenfeindlichen Äußerungen, Strömungen und Bewegungen in der Geschichte. Antisemitismus ist zu einem ‚Synonym für eine unfreundliche oder feindselige Haltung den Juden gegenüber‘ geworden. Versuche, die ältere, nicht rassisch bestimmte Judenfeindschaft als ‚Antijudaismus‘ oder ‚Antimosaismus‘ vom modernen Antisemitismus abzusetzen, sind praktisch erfolglos geblieben: im allgemeinen Sprachgebrauch hat sich der Begriff Antisemitismus in seinem weitesten Sinne im wesentlichen durchgesetzt. Auch die Wissenschaft wird diesen Sprachgebrauch berücksichtigen müssen; für ein angemessenes historisches Verständnis des Phänomens ‚Antisemitismus‘ kann sie jedoch auf den älteren, engeren Begriff nicht verzichten.“
Antisemitische Publikationen und Aktionen bis 1945
Sekundärer Antisemitismus
Nach dem Holocaust trat Antisemitismus als Staatsdoktrin zurück; seit den 1960er Jahren dominieren andere Ausdrucksformen. Manche Antisemitismusforscher, darunter Detlev Claussen und Wolfgang Benz, bezeichnen diese jüngeren antijüdischen Stereotype als „sekundären“ Antisemitismus. Dessen Hauptfunktion sei vor allem in Deutschland eine psychologisch-moralische Schuldabwehr.
Die Europäische Stelle zur Beobachtung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit (EUMC) verzeichnet seit denTerroranschlägen am 11. September 2001 eine Zunahme antisemitischer Tendenzen. Sie veröffentlichte 2005 eine Arbeitsdefinition von Antisemitismus, um den Staaten der EU eine strafrechtliche Beurteilung solcher Tendenzen zu ermöglichen oder zu erleichtern. Besonderes Augenmerk widmete sie als antisemitisch eingestuften Formen der Kritik anIsrael.
Antizionismus
Um etwa 1880 entstand der Zionismus, dessen Zionistische Weltorganisation infolge des europäischen Antisemitismus und Nationalismus einen unabhängigen Judenstaat anstrebte. Der Antizionismus entstand seit 1918 aus Konflikten zwischen den in Palästina ansässigen Arabern und den in mehreren Wellen (Alijot) zuwandernden europäischen Juden. Diese Konflikte eskalierten 1936 zum arabischen Aufstand, führten nach der Staatsgründung Israels 1948 zu sechs Kriegen arabischer Staaten gegen Israel und zu zahlreichen bewaffneten Konflikten, die bis heute andauern.
Diese Konflikte verstärkten den Antizionismus inner- und außerhalb der Nahostregion. Antizionistische islamische Organisationen wie die Muslimbruderschaft und die Hamas übernahmen auch Elemente des europäischen Antisemitismus. Die Sowjetunion unter Josef Stalin betrachtete Israel im Rahmen ihres Antiimperialismus als Brückenkopf der USA in der Region. Dies vertreten Teile der politischen Linken bis heute.
Ein großer Anteil aller Juden weltweit (2010: 43 Prozent, mit steigender Tendenz) lebt seit 1945 in Israel, das sich als Zufluchtsort aller Juden versteht. Antizionismus, der sich gegen das Existenzrecht Israels richtet, wird darum oft als getarnter Antisemitismus beurteilt. Diese Israelfeindschaft verbindet Antiimperialismus, Rechtsextremismus und islamischen Extremismus und wirkt als potentielle Bedrohung aller Juden.
Wir sind Rassisten“
Jüdische Israelis bekennen sich zur Apartheid -
Von REDAKTION, 25. Oktober 2012 –
http://www.hintergrund.de/201210262297/politik/welt/wir-sind-rassisten.html
Die Mehrheit der israelischen Juden möchte die arabische Bevölkerung aus ihrer Lebenswelt verbannen. Das ergab eine Studie, die das Meinungsforschungsinstitut Dialog im Auftrag der US-amerikanischen NGO New Israel Fund (NIF) durchgeführt hat.
74 Prozent bestehen auf getrennten Straßen für Juden und Palästinenser im seit 1967 von Israel besetzten Westjordanland. Immerhin 42 Prozent möchten nicht, dass ihr Nachwuchs in der Schule zusammen mit arabischen Kindern unterrichtet wird.
47 Prozent stimmen sogar einem Transfer von israelischen Arabern aus dem israelischen Kernland auf die Westbank zu (40 Prozent sprechen sich dagegen aus).
Auch eine weitergehende Entrechtung und Diskriminierung der arabischen Bevölkerung wird mehrheitlich von den jüdischen Israelis gewünscht:
49 Prozent fordern, dass der Staat generell jüdische Bürger gegenüber arabischen bevorzugen soll.
59 Prozent lehnen eine Gleichbehandlung von jüdischen und arabischen Bewerbern bei der Arbeitsplatzvergabe im öffentlichen Dienst ab. Im Falle einer offiziellen Annektierung des Westjordanlands durch Israel wollen 69 Prozent der dort ansässigen palästinensischen Mehrheit das Wahlrecht verweigern (nur 19 Prozent wollen es gewähren). 33 Prozent wünschen sogar, dass den arabischen Israelis im Kernland das Wahlrecht entzogen wird.
Dass in Israel bereits Apartheid herrscht, denken 58 Prozent der befragten jüdischen Israelis (nur 31 Prozent bestreiten das). Und eine Mehrheit sehnt sich offenbar danach, die nach ethnischen Kriterien eingerichtete Zwei-Klassen-Gesellschaft in weiten Teilen staatlich zu legitimieren.
„Wir sind Rassisten, sagen die Israelis, wir praktizieren Apartheid, wir wollen auch in einem Apartheidstaat leben. Ja, das ist Israel“, paraphrasiert der israelische Journalist Gideon Levy die Essenz des Ergebnisses der Umfrage in Haaretz
Es lege ein Bild der israelischen Gesellschaft frei, das sie als „sehr, sehr krank“ zeige. Nun seien es nicht mehr nur Kritiker im eigenen Land und im Ausland, die darauf aufmerksam machten. Es seien „Israelis, die sich selbst offen, schamlos und ohne Schuldbewusstsein als nationalistische Rassisten definieren“, weist Levy auf die Tragödie hin, die die Umfrage zutage befördert. „Die Israelis bekennen sich dazu, was sie sind, und sie schämen sich nicht dafür.“ Umfragen zu dem Verhältnis der Juden zu den Arabern habe es in der Vergangenheit sehr viele gegeben. „Aber niemals zuvor sind Israelis so zufrieden mit sich selbst gewesen und stehen sogar zu ihrem Rassismus.“ Die meisten hielten Israel für einen guten Ort zum Leben – nicht obwohl es ein rassistischer Staat sei, sondern offenbar weil es ein rassistischer Staat sei, benennt Levy das zentrale Problem.
Das Umfrage-Ergebnis beleuchte nicht nur die hässliche Gegenwart der israelischen Gesellschaft. Es konfrontiere die jüdische Mehrheit mit ihrer Zukunft. Es sage: „Ihr wollt Siedlungen, Besatzung, Netanjahu. Und Ihr habt nichts für eine Zwei-Staaten-Lösung getan, daher ist sie gescheitert“, meint Levy. Die Alternative sei nun eine Ein-Staat-Lösung, und „die meisten Israelis sagen, das wird ein Apartheidstaat, einige wollen ihn sogar“. Ihre Devise sei, „Demokratie und Völkerrecht – das sind die Angelegenheiten der Antisemiten, nicht unsere. Wir werden wieder Netanjahu wählen und sagen, wir sind die einzige Demokratie im Nahen Osten und beklagen, dass die ganze Welt gegen uns ist“.
Eine noch düstere Analyse und Zukunftsprognose kommt von dem Philosophen und Mitbegründer der sozialistischen Organisation Matzpen, Moshe Machover. Für ihn stand lange vor der Erhebung außer Frage, dass in Israel Apartheid herrscht – und zwar im Sinne der Definition der UN, die eine „systematische Diskriminierung“ einer bestimmten Menschengruppe nach „rassischen“ oder ethnischen Kriterien bedeutet.
Machover verweist aber auf eine Besonderheit der israelischen Apartheid gegenüber der südafrikanischen, die seit 1994 der Vergangenheit angehört. „Der südafrikanische Kolonialstaat basierte auf der Ausbeutung der Arbeitskraft der eingeborenen Bevölkerung. Diese Menschen wurden heftig unterdrückt und schwer diskriminiert, aber ihr Dasein war lebensnotwendig für die politische Ökonomie des Siedlerstaates. Sie waren ein Wirtschaftsgut“, erläutert Machover.
Die zionistische Kolonialherrschaft hingegen ähnele der Nordamerikas und Australiens. Sie basiere „auf Exklusion der eingeborenen Bevölkerung durch verschiedene Formen der ethnischen Säuberung“. Diese Form der Unterdrückung sei viel schlimmer als die Apartheid in Südafrika, meint Machover, denn sie sei viel schwieriger aufzulösen.
http://www.israeli-occupation.org/2012-10-24/gideon-levy-apartheid-without-shame-or-guilt/
http://www.israeli-occupation.org/2012-10-24/moshe-machover-on-israeli-apartheid/
Rassismus in Israel
http://www.sopos.org/aufsaetze/4d2a1cb003dd1/1.phtml
Uri Avnery
Angesichts der schmutzigen Welle von Rassismus, die uns überschwemmt, könnte man leicht verzweifeln. Aber es gibt ein Mittel dagegen: die wachsende Anzahl junger Leute, die sich im Kampf gegen Rassismus und Besatzung engagieren.
Dieser Tage versammelten sich mehrere Hundert in Tel Aviv zur Vorstellung eines Buches, das die Gruppe »Das Schweigen brechen« veröffentlichte. Im Saal waren auch ein paar Veteranen des Friedenslagers, aber die große Mehrheit der Anwesenden waren Jugendliche in den Zwanzigern, junge Männer und Frauen, die ihren Militärdienst abgeschlossen hatten.
»Die Besatzung der Gebiete« ist ein Buch mit 344 Seiten, das aus Zeugnissen von Soldaten über das tägliche und nächtliche Leben der Besatzung besteht. Die Soldaten lieferten die Augenzeugenberichte, und die Organisation, die aus Ex-Soldaten besteht, überprüfte, verglich und wählte aus. Am Ende wurden 183 von etwa 700 Zeugnissen für die Veröffentlichung ausgewählt.
Nicht ein einziges dieser Zeugnisse wurde vom Armeesprecher abgestritten, der sich sonst beeilt, ehrlichen Berichten über das, was in den besetzten Gebieten geschieht, zu widersprechen. Da die Herausgeber des Buches selbst Soldaten waren, die an diesen Orten ihren Militärdienst geleistet haben, war es für sie leicht, zwischen Wahrheit und Lüge zu unterscheiden.
Das Buch ist deprimierend – nicht weil es detailliert über Grausamkeiten berichtet. Im Gegenteil, die Herausgeber bemühten sich, nicht Vorfälle von außergewöhnlicher Brutalität – von Sadisten begangen, die man Armee-Einheiten in Israel wie in aller Welt findet – mit hineinzunehmen. Sie wollten eher ein Licht auf die graue Routine der Besatzung werfen.
Es gibt Berichte von nächtlichen Überfällen auf ruhige palästinensische Dörfer zu Übungszwecken: Soldaten brechen in beliebige Häuser ein, in denen es keine »Verdächtigen« gibt. Sie terrorisieren Kinder, Frauen und Männer, richten Chaos im Dorf an – und all dies nur, um die Soldaten zu trainieren.
Es gibt Geschichten über das Demütigen von Passanten an den Checkpoints (»Mach den Checkpoint sauber, dann bekommst du deine Schlüssel wieder!«) und über gelegentliche Schikanen (»Er begann zu meckern, also schlug ich ihm mit dem Gewehrkolben ins Gesicht!«). Jedes Zeugnis ist sorgfältig dokumentiert mit Zeit, Ort, Truppeneinheit.
Bei der Vorstellung des Buches wurden einige der Zeugenaussagen sogar im Film vorgeführt. Zeugen wagten es, ihr Gesicht zu zeigen und ihre Identität mit vollem Namen preiszugeben. Sie waren keine ungewöhnlichen Leute, keine Fanatiker oder »blutende Herzen«. Keine Weichlinge aus der »Wir-schießen-und-weinen«-Schule. Sondern ganz gewöhnliche junge Leute, die Zeit hatten, sich mit ihren persönlichen Erfahrungen auseinanderzusetzen.
Die Titel der Zeugnisse sprechen für sich: »Um Schlaflosigkeit im Dorf zu schaffen«, »Der Bataillonskommandeur befahl, jeden zu erschießen, der versuchte, die Toten zu beseitigen«, »Der Marinekommandeur der Flotte steckte die Mündung seines Gewehrs in den Mund des Mannes«, »Sie sagten, wir sollten auf jeden schießen, der sich auf der Straße bewegt«, »Du kannst alles machen, was dir gefällt, keiner wird dich später fragen«, »Du schießt aus Spaß auf das TV«, »Ich wußte nicht, daß es Straßen nur für Juden gibt«, »Eine Art totaler Willkür«, »Die Jungs (der Hebron-Siedler) schlugen die alte Frau zusammen«, »Siedler arrestieren? Das kann die Armee nicht tun«. Und so fort. Nur Routine.
Die Absicht des Buches ist nicht, Brutalitäten aufzudecken und die Soldaten als Monster zu zeigen. Es will eine Situation darstellen: die Herrschaft über ein anderes Volk mit all der überheblichen Willkür, die notwendigerweise damit verbunden ist, Demütigung der Besetzten, Degeneration des Besatzers. Nach Ansicht der Herausgeber ist es für den einzelnen Soldaten unmöglich, die Situation zu verbessern. Er wird zu einer Schraube in einer Maschine, die von Natur aus unmenschlich ist.
Gruppen junger Leute, denen es einfach zu übel wird, tauchen im Lande auf. Sie sind Zeichen eines Erwachens, das seinen Ausdruck im täglichen Kampf von Hunderten von Gruppen findet, die sich für verschiedene Dinge engagieren. Nur scheinbar verschieden – weil diese Dinge miteinander verbunden sind. Der Kampf gegen die Besatzung, für die Schutz suchenden Flüchtlinge, gegen die Zerstörung der Beduinenhütten im Negev, gegen dir Invasion der Siedler in arabische Stadtteile Ostjerusalems, für gleiche Rechte der arabischen Bürger in Israel, gegen soziale Ungerechtigkeiten, für die Erhaltung der Umwelt, gegen die Korruption der Regierung, gegen religiösen Zwang und so weiter. Sie haben einen gemeinsamen Nenner: Kampf für ein anderes Israel.
Junge Freiwillige für jeden dieser Kämpfe – und für alle zusammen – sind heute nötiger denn je angesichts des Rassismus, der in ganz Israel sein häßliches Haupt erhebt – ein offener Rassismus, schamlos und tatsächlich stolz auf sich selbst.
Das Phänomen als solches ist nicht neu. Was neu ist, ist der Verlust jeder Spur von Scham. Die Rassisten schreien ihre Botschaft an jeder Straßenecke heraus und ernten Applaus von Politikern und Rabbinern.
Es begann mit der Flut rassistischer Gesetzesentwürfe, die dazu bestimmt waren, die arabischen Bürger zu delegitimieren und zu vertreiben: »Zulassungskomitees«, »Treueeid« und vieles mehr. Dann kam das religiöse Edikt des Chef-Rabbiners von Safed, das Juden verbot, Arabern Wohnungen zu vermieten; es rief Entsetzen und Beschämung hervor. Seitdem sind alle Dämme gebrochen. Eine Bande 14-Jähriger überfiel Araber mitten in Jerusalem, benützte ein 14-jähriges Mädchen als Köder und schlug es bewußtlos. Hunderte von Rabbinern im ganzen Lande verfaßten dann gemeinsam ein Manifest, das verbietet, Wohnungen an »Ausländer« (gemeint sind Araber, die seit Jahrhunderten im Lande lebten) zu vermieten. In Bat Yam, das an Tel Aviv grenzt, verlangten Demonstranten, alle Araber aus der Stadt zu vertreiben. Am nächsten Tag verlangten Demonstranten in Tel Avivs ärmstem Stadtviertel die Vertreibung der Flüchtlinge und Fremdarbeiter aus dem Viertel.
Offensichtlich hatten die Demonstrationen in Bat Yam und Tel Aviv verschiedene Ziele: Die erste richtete sich gegen die Araber, die zweite gegen Fremdarbeiter. Aber dieselben wohlbekannten faschistischen Aktivisten erschienen und sprachen bei beiden, sie trugen dieselben Poster und schrien dieselben Slogans. Am auffälligsten war die Behauptung, daß die Araber und die Ausländer jüdische Frauen gefährden – die Araber heiraten sie und nehmen sie mit in ihre Dörfer, die Fremdarbeiter flirten mit ihnen. »Jüdische Frauen für das jüdische Volk!« schrien die Poster – als ob die Frauen ein Besitz wären.
Die Verbindung zwischen Rassismus und Sex hat Sozialforscher schon immer interessiert. Die weißen Rassisten in den USA verbreiteten das Gerücht, daß die »Nigger« einen dickeren Penis hätten. Unter den deutschen Nazizeitungen war die sensationellste Der Stürmer, ein pornographisches Blatt, voll mit Geschichten über unschuldige blonde Mädchen, die von krummnasigen häßlichen Juden mit Geld verführt wurden. Sein Herausgeber Julius Streicher wurde in Nürnberg gehenkt.
Einige glauben, eine der Wurzeln des Rassismus sei ein Gefühl von sexueller Unzulänglichkeit, Mangel an Selbstvertrauen von Männern, die fürchten, sexuell impotent zu sein – das ganze Gegenteil des Macho-Rassisten. Es genügt, sich die rassistischen Demonstranten anzusehen, um solche Schlüsse zu ziehen.
Jean-Paul Sartre sagte, jeder Mensch sei ein Rassist – es gebe nur den Unterschied zwischen denen, die es zugeben und versuchen, dagegen anzukämpfen, und jenen, die das nicht tun.
Das stimmt zweifellos. Ich habe einen einfachen Test für die Macht des Rassismus: Man fährt mit dem Wagen, jemand schneidet einem den Weg ab. Wenn es ein schwarzer Fahrer ist, sagt man: »Verdammter Nigger!«, wenn es eine Frau ist, schreit man: »Geh in deine Küche!« Wenn er eine Kipa trägt, schreit man: »Blöder Dos« (»Dos« ist ein abfälliger hebräischer Spitzname für religiöse Juden). Wenn es ein Fahrer ohne besondere Kennzeichen ist, schreit man nur »Idiot! Wer gab dir eine Fahrerlaubnis?«
Der Fremdenhaß, die Aversion gegen jeden, der anders ist als man selbst, scheint biologische Züge zu haben. Ein Überbleibsel aus Zeiten der Urmenschen, als jeder Fremde eine Bedrohung für die begrenzten Ressourcen des Stammes war. Auch bei vielen anderen Tierarten feststellbar. Nichts, auf das man stolz sein kann.
Der zivilisierte Mensch und mehr noch die zivilisierte menschliche Gesellschaft hat die Pflicht, diese Züge zu bekämpfen – nicht nur, weil sie häßlich sind, sondern weil sie die Modernisierung der globalen Welt hindern, in der die Zusammenarbeit zwischen Menschen und zwischen Völkern zwingend geboten ist. Sie führen uns zu den Höhlenmenschen zurück.
Die Situation hier bewegt sich in die andere Richtung: Das Land umarmt den rassistischen Dämon. Nach Jahrtausenden als Opfer des Rassismus sind Juden hier anscheinend glücklich, anderen etwas anzutun, was ihnen angetan wurde.
In diesem widerlichen Durcheinander spielen Rabbiner eine zentrale Rolle. Sie reiten oben auf der Welle und behaupten, dies sei der Geist des Judentums. Zum Beleg zitieren sie ausführlich heilige Texte.
Die Wahrheit ist, daß das Judentum rassistische und antirassistische, humanistische und barbarische Elemente enthält – wie fast jede andere Religion, Die Kreuzfahrer, die auf dem Weg ins Heilige Land die Juden im Rheinland schlachteten und bei der Eroberung Jerusalems die Bewohner der Stadt mordeten – Muslime genau so wie Juden – schrien: »Gott will es!« Im Neuen Testament kann man großartige Passagen finden, die Liebe predigen, und auch ganz andere Passagen. Ebenso stehen im Koran Suren voller Liebe für die Menschheit und Aufrufe zu Gerechtigkeit und Gleichheit, aber es gibt auch ganz andere voller Intoleranz und Haß.
So ist es auch mit der hebräischen Bibel. Die Rassisten zitieren Rabbi Maimonides, der zwei biblische Worte als ein Gebot interpretiert, Nichtjuden keine Wohn- und Lebensmöglichkeit im Lande zu geben. Das ganze Buch Josua ist ein Aufruf zum Genozid. Die Bibel befiehlt den Israeliten, den ganzen Stamm der Amalekiter umzubringen (»Männer, Frauen, Kinder und Säuglinge«). Und der Prophet Samuel entthronte König Saul, weil der das Leben von amalekitischen Gefangenen schonte (1. Sam.15).
Aber die hebräische Bibel ist auch ein Buch von unvergleichlicher Menschlichkeit. Es fängt mit der Beschreibung der Erschaffung von Mann und Frau an, in der betont wird, daß alle Menschen nach dem Bilde Gottes geschaffen – und deshalb gleich sind. »Gott schuf den Menschen nach seinem Bilde, nach dem Bilde Gottes schuf er ihn, Mann und Frau.« Die Bibel verlangt viele Male, den »Gerim« (den Fremden, der unter den Israeliten lebt) als Israeliten zu behandeln, »weil ihr Fremde im Lande Ägyptens wart«.
Wie Gershom Schocken, Besitzer und lange Zeit Chefredakteur der liberalen Zeitung Haaretz, in einem zu seinem 20. Todestag wieder veröffentlichten Artikel bemerkte: Esra hat tatsächlich die nicht-jüdischen Frauen aus der Gemeinde ausgeschlossen. Aber davor spielten fremde Frauen eine zentrale Rolle in der biblischen Geschichte. Bathseba war die Frau eines Hethiters, bevor sie König David heiratete, und wurde die Mutter des Hauses David, aus dem der Messias kommen wird (oder nach christlichem Glauben vor 2010 Jahren geboren wurde). David selbst war ein Nachfahre von Ruth, einer Moabiterin. König Ahab, der größte der israelitischen Könige, heiratete eine Phönizierin.
Wenn unsere Rassisten das häßlichste Gesicht des Judentums darstellen und dabei dessen universale Botschaft ignorieren, schaden sie der Religion von Millionen von Juden in aller Welt. Die bedeutendsten jüdischen Rabbiner schwiegen dieser Tage angesichts des rassistischen Feuers, das von Rabbinern entzündet wurde, oder murmelten etwas über »Wege des Friedens« – womit sie auf die Regel verwiesen, es sei verboten, die Goyim zu provozieren, weil sie die Juden in anderen Ländern so behandeln könnten wie die Juden die Minderheit in ihrem eigenen Staat. Bis jetzt hat noch kein christlicher Priester seine Gemeinde aufgerufen, Juden keine Wohnung zu vermieten – aber es könnte geschehen.
Das Schweigen der »Thora-Weisen« ist donnernd. Noch lauter das der politischen Führer des Landes. Friedensnobelpreisträger Shimon Peres erhob seine Stimme nicht. Binyamin Netanyahu begnügte sich damit, die Rassisten aufzurufen, »das Gesetz nicht in ihre eigenen Hände zu nehmen«. Kein einziges Wort gegen den Rassismus, nicht ein einziges Wort über Moral und Gerechtigkeit.
Doch als ich den Exsoldaten bei der Veranstaltung »Das Schweigen brechen« zuhörte, war ich voller Hoffnung. Diese Generation hat die Pflicht, den Staat zu heilen, in dem sie ihr Leben verbringen will.
Rachel corrie
Aus dem Englischen: Ellen Rohlfs, vom Verfasser autorisiert
Kommentar Flüchtlingsaufnahme
Rassismus im Zentralrat der Juden
Der Präsident des Zentralrats der Juden hat sich für eine Obergrenze bei der Flüchtlingsaufnahme ausgesprochen. Das ist ganz bitter.
Der Zentralrat der Juden in Deutschland fordert eine Obergrenze für den Zuzug von Geflüchteten. Josef Schuster, Zentralratspräsident, will nicht mehr arabische Ankömmlingen in Deutschland sehen: Antisemitismus sei ein ethnisches Problem. Man kennt dieses Narrativ aktuell aus Israel: Der Jerusalemer Großmufti war für den Holocaust verantwortlich, nicht der Typ mit dem komischen Schnurrbart aus Braunau am Inn.
Doch laut Angaben der Bundespolizei werden in Deutschland mehr als 95 Prozent aller antisemitischen Gewalt- und Straftaten von Deutschen ohne Migrationshintergrund begangen. Laut dem Antisemitismusbericht des Bundestags aus dem Jahr 2012 ist ein Fünftel der deutschen Bevölkerung offen gegenüber antisemitischem Gedankengut. Wenn jemand behauptet, dass es Antisemitismus vor allem unter Arabern gibt, ist er entweder dumm und hat schlechte Berater – oder er ist einfach ein Rassist.
Es gab in Deutschland bisher genau zu benennende Kräfte, die sich für Obergrenzen bei Geflüchteten aussprachen: die rechtspopulistischen Parteien AfD und CSU sowie die Pegida-Bewegung. Letztere besteht aus Rassisten, die sich als besorgte Bürger ausgeben. Nun ist auch der Zentralrat der Juden Mitglied in dieser ominösen Gesellschaft. Das ist traurig, davon müssen sich die Juden Deutschlands distanzieren, oder etwa nicht?
Vergessen wir das idyllische Bild eines Zentralrats, der sich für die Unterdrückten dieser Welt einsetzt, der sich dem wichtigsten jüdischen Gebot, der Nächstenliebe, verbunden fühlt. Seien wir ehrlich miteinander: Mein Vorschlag wäre, dass sich der Zentralrat der Juden zum Zentralrat der rassistischen Juden umbenennt. Die Frage lautet dann: Wer wird uns, antirassistische Juden, vertreten?
Der Autor ist Student der jüdischen Theologie und Koordinator der Salaam-Schalom-Initiative (salaamschalom.de).
Latenter Antisemitismus
Unter „Latenz“ versteht die soziologische Vorurteilsforschung Ansichten und Vorurteilsstrukturen, die nicht notwendig mit offen gezeigter Ablehnung verbunden sind. Wieweit latente Strukturen statistisch nachweisbar sind, ist in der Forschung umstritten: unter anderem, weil sich Antisemitismus nicht nur an ausdrücklichen judenfeindlichen Zielen manifestiert, sondern auch in Freund-Feind-Haltungen, die Judenhass fördern, dafür anfällig sind und sich dahin entwickeln können.
Nach verschiedenen älteren Umfragen (u. a. Allensbach) neigten 1995 mindestens 15 bis zu 25 % der deutschen Bevölkerung antisemitischen Meinungen zu oder vertraten sie. Nach einer Forsa-Umfrage vom November 2003 stieg dieser Anteil von 20 % (1998) auf im Durchschnitt 23 %:
· 28 % glaubten, Juden hätten in der Welt zu viel Einfluss.
· 36 % fanden, Juden zögen aus der Vergangenheit Vorteile und ließen die Deutschen dafür zahlen.
· 61 % fanden, man solle endlich einen Schlussstrich unter die Diskussion der Judenverfolgung ziehen.
FORBES-Liste: Die reichsten Juden der Welt
FORBES Israel und die JERUSALEM POST über die größten Seifenblasen.
https://criticomblog.wordpress.com/2014/02/06/forbes-liste-die-reichsten-juden-der-welt/
17. April 2013 — Welche Namen stehen ganz oben auf der Liste und wie tief ist Mark Zuckerberg gefallen?
Laut der Liste der Milliardäre der Welt des Jahres 2013 in FORBES Israel sind von den 1.426 Milliardären rund um den Globus 165 Juden und ihr gemeinsamer Reichtum erreicht die unglaubliche Summe von 812 Milliarden US-Dollar.
Im Vergleich zum Vorjahr ist der gemeinsame Reichtum der 165 jüdischen Milliardäre erheblich gewachsen. Laut FORBES Israel ist das Wachstum vor allem auf eine Zunahme an Aktien zurückzuführen. Das Reinvermögen des Oracle-Geschäftsführers Larry Ellison wuchs zum Beispiel um 7 Mrd. Dollar auf 43 Mrd. Dollar. Das Reinvermögen von New Yorks Bürgermeister Michael Bloomberg stieg um 5 Mrd. Dollar und das Reinvermögen der beiden Google-Gründer Larry Page und Sergey Brin stieg um 4,3 Mrd. Dollar auf 23 Mrd. Dollar. Das Reinvermögen von Len Blavatnik, der vor kurzem Clal Industries erwarb, sprang um 4,1 Mrd. Dollar auf 16 Mrd. Dollar.
Laut FORBES Israel ist Ellison, dessen Reinvermögen auf 45 Mrd. Dollar geschätzt wird — 7 Mrd. Dollar mehr als er im vergangenen Jahr — der reichste Jude der Welt. (Anm.: Mehrere Familien, darunter Rothschild, werden nie auf der Liste auftauchen.) Im Februar 2013 waren Ellisons Oracle-Aktien 20 Prozent mehr wert als im Vorjahr. Ellison, der drittreichste Mann der USA, machte im vergangenen Jahr eine Reihe von lukrativen Immobilienkäufen. Im Juni erwarb er von David Murdock 98 Prozent der Hawaii-Insel Lanai.
Dieser 500-Millionen-Dollar-Kauf von fast der gesamten 365 Quadratkilometer (141 square miles) großen Insel beinhaltet zwei Resorts.
Und vor kurzem machte ein Gerücht die Runde, daß Ellison, ein langjähriger NBA-Fan, den Kauf der Sacramento Kings erwägt, um zu verhindern, daß sie nach Seattle ziehen.
Bloomberg ist die Nummer zwei auf der Liste. Sein Reinvermögen wird auf 27 Mrd. Dollar geschätzt. Dank Bloomberg LP, dem Finanzdatenunternehmen, das er 1982 gründete, ist Bloomberg 5 Mrd. Dollar reicher als im Vorjahr. Bloomberg besitzt außerdem über 10 Häuser in Manhattan, der Grafschaft Westchester, Bermuda, Vail und den Hamptons.
Auf dem dritten Platz ist der Milliardär Sheldon Adelson, der sein Geld durch den Besitz von Casinos gemacht hat. Adelson, Besitzer der Zeitung ISRAEL HAYOM, hat ein geschätztes Reinvermögen von 26,5 Mrd. Dollar, deutlich mehr als im vergangenen Jahr, nachdem die Aktion des Las-Vegas-Casinos Sands seit dem letzten Sommer um 20 Prozent stiegen.
Das Reinvermögen von Facebook-Mitbegründer Mark Zuckerberg ist durch Facebooks erfolglose Aktienemission an der Wall Street im vergangenen Jahr gesunken. Doch Zuckerberg, der als der sechzehntreichste Jude der Welt eingestuft wird, hat immer noch ein Reinvermögen von 13,3 Mrd. Dollar. Überraschenderweise ist er nicht mehr der jüngste jüdische Milliardär: Dustin Moskovitz, Zuckerbergs ehemaliger Mitbewohner und Facebook-Mitbegründer, ist acht Tage jünger. Moskovitz, ein Unterzeichner von Bill Gates’ und Warren Buffetts »Giving Pledge«, hat ein geschätztes Vermögen von 3,8 Mrd. Dollar. (Anm.: Die Initiative »Giving Pledge« ist »das Versprechen«, etwas herzugeben; im philanthrophischen Kontext also quasi das Versprechen, etwas herzugeben, um mehr zu bekommen; so wie vielleicht ein Angler einen Wurm gibt und einen dicken Fisch bekommt, bei angelnden Philantrophen aber ohne vielleicht.)
Der reichste Israeli der Welt ist Idan Ofer, der auf der Liste von FORBES Israel auf Nr. 29 der reichsten Juden der Welt steht. Ofer, der vor kurzem ankündigte, von Israel nach London zu ziehen, hat ein Reinvermögen von 6,5 Mrd. Dollar.
Ofer ist nicht der einzige Israeli, der im vergangenen Jahr reicher geworden ist. Shari Arisons Reichtum wuchs in diesem Jahr um 4,2 Mrd. Dollar, und das Reinvermögen von Eyal Ofer, Idans Bruder, erhöhte sich um 200 Mio. Dollar.
Hier finden Sie den Originalartikel, Forbes ranking: The world’s richest Jews.
Ergänzend für Sammler der Inhalt (Rang / Name / Alter / Mrd. / Reichtumsquelle / eine Staatsbürgerschaft / globaler Rang) derhebräischen FORBES-Tabelle aus der automatischen Übersetzungins Deutsche, namentlich korrigiert nach der englischen Tabelle.
Der in der JERUSALEM POST auf Platz 8 aufgeführte Alisher Usmanov taucht nachfolgend jedoch nicht auf; und Bill Gates, kryptojüdischer Kontrollfreak, fehlt ebenfalls.
1.
Larry Ellison / 68 / 43 / Orakel / US / 5
2.
Michael Bloomberg / 71 / 27 / Bloomberg / US / 13
3.
Sheldon Adelson / 79 / 26,5 / Kasino / US / 15
4.
Larry Page / 39 / 23 / Google / US / 20
5.
Sergey Brin / 39 / 22,8 / Google / US / 21
6.
Carl Icahn / 77 / 20 / Leveraged-Buy-outs / US / 26
7.
George Soros / 82 / 19,2 / Hedge Fonds / US / 30
8.
Michail Fridman / 48 / 16,5 / Öl, Banken, Telekom / RS / 41
9.
Len Blavatnik / 55 / 16 / Diverse / US / 44
10.
Joseph Safra / 74 / 15,9 / Banken / BR / 46
11.
Michael Dell / 48 / 15,3 / Poor / US / 49
12.
Steve Ballmer / 56 / 15,2 / Microsoft / US / 51
13.
Viktor Vekselberg / 55 / 15,1 / Öl, Metalle / RS / 52
14.
Mark Zuckerberg / 28 / 13,3 / Facebook / US / 66
15.
Serge Dassault / 87 / 13 / Luftfahrt / FR / 69
16.
Mikhail Prokhorov / 47 / 13 / Investments / RS / 69
17.
Ronald Perelman / 70 / 12,2 / Leveraged-Buy-outs / US / 79
18.
John Paulson / 57 / 11,2 / Hedge Fonds / US / 91
19.
David Reuben / 70 / 10,5 / Investments, Immobilien / UK / 103
20.
Simon Reuben / 70 / 10,5 / Investments, Immobilien / UK / 103
21.
German Kahn / 51 / 10,5 / Öl, Banken, Telekom / RS / 103
22.
Roman Abramovich / 46 / 10,2 / Stahlinvestment / RS / 107
23.
Philip Anschutz / 73 / 10 / Investments / US / 109
24.
George Kaiser / 70 / 10 / Öl und Gas, Banken / US / 109
25.
Michael Kadoorie und seine Familie / 72 / 9,5 / Diverse / HK / 115
26.
Steve Cohen / 57 / 9,3 / Hedge Fonds / US / 117
27.
Leonard Lauder / 79 / 8,1 / Estee Lauder / US / 143
28.
Samuel Irving Newhouse / 85 / 8,1 / Conde Nast / US / 143
29.
Alain und Gerard Wertheimer / 8 / Chanel / FR / 145
30.
Donald Newhouse / 83 / 7,3 / Conde Nast / US / 158
31.
Ralph Lauren / 73 / 7 / Ralph Lauren / US / 166
32.
David Tepper / 55 / 7 / Hedge Fonds / US / 166
33.
Idan Ofer / 57 / 6,5 / Bohrungen, Versand / IS / 182
34.
Stephen Schwarzman / 66 / 6,5 / Private Equity / US / 182
35.
Eli Broad / 79 / 6,3 / Investments / US / 191
36.
David Geffen / 70 / 6 / Filme, Musik / US / 198
37.
Eyal Ofer / 62 / 6 / Immobilien, Schiffahrt / IS / 198
38.
Micky Arison / 63 / 5,7 / Carnival Kroses / US / 211
39.
Frank Lowy / 82 / 5,3 / Einkaufszentren / AS / 229
40.
Philip Green / 61 / 5 / Einzelhandel / UK / 248
41.
Christina Green / 61 / 5 / Einzelhandel / UK / 248
42.
Alexander Abramov / 54 / 4,6 / Stahl, Bergbau / RS / 272
43.
Leslie Wexner / 75 / 4,5 / Einzelhandel / US / 276
44.
Malcolm Glazer / 84 / 4,4 / Sportmannschaften, Immobilien / US / 286
45.
Stef Wertheimer / 86 / 4,4 / Industriewerkzeuge / IS / 286
46.
Daniel Ziff / 41 / 4,4 / Investments / US / 286
47.
Dirk Ziff / 49 / 4,4 / Investments / US / 286
48.
Robert Ziff / 46 / 4,4 / Investments / US / 286
49.
Shari Arison / 55 / 4,2 / Carnival Kroses / IS / 308
50.
Arnon Milchan / 68 / 4,2 / Filmproduktion / IS / 308
51.
Leonard Stern / 74 / 4,2 / Immobilien / US / 308
52.
Beny Steinmetz / 57 / 4,1 / Bergbau, Diamanten, Immobilien / IS / 316
53.
Ted Lerner / 87 / 4 / Immobilien / US / 329
54.
Sam Zell / 71 / 4 / Immobilien, Private Equity / US / 329
55.
Dustin Moskowitz / 28 / 3,8 / Facebook / US / 353
56.
Victor Pinchuk / 52 / 3,8 / Stahlrohre / UP / 353
57.
Bernard (Barry) Sherman / 71 / 3,7 / Pharmaceuticals / CA / 363
58.
Sheldon Solow / 84 / 3,7 / Immobilien / US / 363
59.
Jeffrey Skoll / 48 / 3,7 / Non-Bay / US / 363
60.
Ronald Lauder / 69 / 3,6 / Estee Lauder / US / 376
61.
Lynn Schusterman / 74 / 3,5 / Öl- und Gasanlagen / US / 384
62.
John Gandel / 78 / 3,5 / Einkaufszentren / AS / 384
63.
Daniel Gilbert / 51 / 3,5 / Agility-Darlehen / US / 384
64.
Arkady Rotenberg / 61 / 3,3 / Bau, Rohrleitungen, Banken / RS / 412
65.
Steven Spielberg / 66 / 3,2 / Kinofilme / US / 423
66.
Karen Pritzker / 55 / 3,2 / Hotels, Investments / US / 423
67.
Bernard Marcus / 83 / 3,1 / Home Depot / US / 437
68.
Haim Saban / 68 / 3,1 / Fernsehen / US / 437
69.
Israel Englander / 64 / 3 / Hedge Fonds / US / 458
70.
Anthony Pritzker / 52 / 3 / Hotels, Investments / US / 458
71.
Jay Robert (J. B.) Pritzker / 48 / 3 / Hotels, Investments / US / 458
72.
David Rubenstein / 63 / 3 / Leveraged-Buy-outs / US / 458
73.
Eddie und Sol Zakay / 62 / 3 / Immobilien / UK / 458
74.
Alfred Taubman / 89 / 2,9 / Immobilien / US / 490
75.
Joan Tisch / 87 / 2,9 / Diverse / US / 490
76.
Doris Fisher / 81 / 2,8 / Gap / US / 503
77.
Amos Hostetter / 76 / 2,7 / Kabel / US / 527
78.
Jeremy Jacobs / 73 / 2,7 / Sport-Franchises / US / 527
79.
Phillip Frost / 76 / 2,6 / Pharmaceuticals / US / 554
80.
Marc Benioff / 48 / 2,6 / Unternehmenssoftware / US / 554
81.
Daryl Katz / 51 / 2,6 / Apotheken / CA / 554
82.
Anita Zucker / 61 / 2,6 / Chemie / US / 554
83.
Alicia Koplowicz / 58 / 2,5 / Bau / SP / 589
84.
Vyacheslav Kantor / 59 / 2,4 / Düngemittel, Immobilien / RS / 613
85.
Isaac Perlmutter / 70 / 2,4 / Marvel / US / 613
86.
George Lindemann / 76 / 2,4 / Investments / US / 613
87.
Mark Cuban / 54 / 2,4 / Online-Medien / US / 613
88.
Moise Safra / 78 / 2,4 / Banken / BR / 613
89.
Mortimer Zuckerman / 75 / 2,4 / Immobilien, Medien / US / 613
90.
Ihor Kolomoyskyy / 50 / 2,4 / Investment-Banking / UP / 613
91.
Michael Milken / 66 / 2,3 / Investments / US / 641
92.
Thomas Pritzker / 62 / 2,3 / Hotels / US / 641
93.
Herbert Simon / 78 / 2,2 / Immobilien / US / 670
94.
John Fisher / 51 / 2,2 / Gap / US / 670
95.
Dan Gertler / 39 / 2,2 / Bergbau / IS / 670
96.
Eduardo Saverin / 31 / 2,2 / Facebook / BR / 670
97.
Michael Moritz / 58 / 2,2 / Risikokapital / US / 670
98.
Yitzhak Tshuva / 64 / 2,2 / Immobilien / IS / 670
99.
Joshua Harris / 48 / 2,1 / Private Equity / US / 704
100.
Vadim Moshkovich / 45 / 2,1 / Landwirtschaft, Entwicklung / RS / 704
101.
Lawrence Stroll / 53 / 2,1 / Einzelhandel / CA / 704
102.
Nicolas Berggruen / 51 / 2 / Investments / US / 736
103.
Charles Bronfman / 81 / 2 / Schnaps / CA / 736
104.
Barry Diller / 71 / 1,9 / IAC / Interactive / US / 792
105.
Ken Fisher / 62 / 1,9 / Money Management / US / 792
106.
Elie Horn / 69 / 1,9 / Immobilien / BR / 792
107.
Jean (Gigi) Pritzker / 51 / 1,9 / Hotels, Investments / US / 792
108.
Dirk Rossmann / 66 / 1,9 / Drogeriemarktkette / GE / 792
109.
Donald Sterling / 77 / 1,9 / Immobilien / US / 792
110.
John Pritzker / 60 / 1,85 / Hotels, Investments / US / 825
111.
Penny Pritzker / 53 / 1,85 / Hotels, Investments / US / 825
112.
S. Daniel Abraham / 88 / 1,8 / Slim Fast / US / 831
113.
Robert Friedland / 62 / 1,8 / Minen / US / 831
114.
Teddy Sagi / 41 / 1,8 / Playtech / IS / 831
115.
Jayme Garfinkel / 66 / 1,75 / Versicherung / BR / 868
116.
David Nahmad / 65 / 1,75 / Kunst / MN / 868
117.
Daniel Pritzker / 54 / 1,75 / Hotels, Investments / US / 868
118.
Valery Kogan / 62 / 1,75 / Flughafen / RS / 868
119.
Glenn Dubin / 55 / 1,7 / Hedge Fonds / US / 868
120.
Noam Gottesman / 51 / 1,7 / Hedge Fonds / US / 882
121.
Henadiy Boholyubov / 51 / 1,7 / Investment Banking / UP / 882
122.
Alexander Knaster / 54 / 1,7 / Öl, Telekom, Banken / US / 882
123.
Michael Rubin / 40 / 1,7 / Online Retail / US / 882
124.
Henry Samueli / 58 / 1,7 / Halbleiter / US / 882
125.
Thomas Friedkin / 77 / 1,7 / Toyota-Vertrieb / US / 882
126.
David Gottesman / 86 / 1,65 / Investments / US / 922
127.
Gil Shwed / 45 / 1,65 / Software / IS / 922
128.
Norman Braman / 80 / 1,6 / Kunst, Autohäuser / US / 931
129.
Robert Fisher / 59 / 1,6 / Gap / US / 931
130.
Mitchell Goldhar / 51 / 1,6 / Immobilien / CA / 931
131.
Stephen Mandel Jr. / 57 / 1,6 / Hedge Fonds / US / 931
132.
Ron Baron / 69 / 1,6 / Finanzmanagement / US / 931
133.
Howard Schultz / 59 / 1,6 / Starbucks / US / 931
134.
William Fisher / 55 / 1,55 / Gap / US / 965
135.
Irwin Jacobs / 79 / 1,55 / Qualcomm / US / 965
136.
Lev Leviev / 57 / 1,5 / Diamanten / IS / 974
137.
Daniel Loeb / 51 / 1,5 / Hedge Fonds / US / 974
138.
Ezra Nahmad / 67 / 1,5 / Kunstsammlung / MN / 974
139.
James Pritzker / 61 / 1,5 / Hotels, Investments / US / 974
140.
Wilma Tisch / 85 / 1,5 / Diverse / US / 974
141.
Gary Michelson / 64 / 1,4 / Medizinische Patente / US / 1031
142.
Boris Rotenberg / 56 / 1,4 / Bau, Rohrleitungen, Chemie / RS / 1031
143.
Gerald Schwartz / 71 / 1,4 / Finanzen / CA / 1031
144.
Alan Gary / 83 / 1,3 / Kabel / US / 1107
145.
Thomas Kaplan / 50 / 1,3 / Investments / US / 1107
146.
Michael Price / 60 / 1,3 / Investments / US / 1107
147.
Shaul Shani / 58 / 1,3 / Technologie / IS / 1107
148.
Nicholas Woodman / 97 / 1,3 / Go Pro / US / 1107
149.
Paul Singer / 68 / 1,3 / Hedge Fonds / US / 1107
150.
David Einhorn / 44 / 1,25 / Hedge Fonds / US / 1161
151.
Leon Charney / 71 / 1,2 / Immobilien / US / 1175
152.
Salomon Lew / 68 / 1,2 / Einzelhandel / AS / 1175
153.
Lily Safra / 75 / 1,2 / Erbschaft / MN / 1175
154.
Yuri Milner / 51 / 1,1 / Social Networking / RS / 1268
155.
Dorothea Steinbruch / 1,1 / Stahl / BR / 1268
156.
Nicholas Pritzker / 69 / 1,1 / Hotels, Investments / US / 1268
157.
Mori Arkin / 60 / 1,05 / Pharmaceuticals / IS / 1332
158.
Zadik Bino / 69 / 1,05 / Banken, Öl / IS / 1332
159.
Seth Klarman / 55 / 1,05 / Investments / US / 1332
160.
Sara Blakely / 42 / 1 / Spanx / US / 1342
161.
Tory Burch / 46 / 1 / Mode / US / 1342
162.
Morris Kahn / 83 / 1 / Software / IS / 1342
163.
Esther Kopolowitz / 59 / 1 / Bau / SP / 1342
164.
Marius Nacht / 47 / 1 / Software / IS / 1342
165.
Dan Snyder / 48 / 1 / Washington Redskins / US / 1342
166.
Charles Zeger / 65 / 1 / Bloomberg LP / US / 1342